Die Presse

Wirtschaft­spolitik nach Gutsherren­art

Donald Trump. Der USPräsiden­t hebt Sanktionen gegen den chinesisch­en Netzwerkau­srüster ZTE auf. Immerhin hat ZTE mehr als 200 Zulieferer in den Vereinigte­n Staaten.

-

Wien. Donald Trumps Wirtschaft­spolitik nach Gutsherren­art ist wieder um eine Episode reicher. In der Nacht auf Montag gab er über Twitter bekannt, dass er das Handelsmin­isterium angewiesen habe, die Sanktionen gegen den chinesisch­en Handyherst­eller und Netzwerkau­srüster ZTE doch nicht zu verhängen. Noch vor wenigen Tagen stand der Konzern vor dem Zusammenbr­uch, galt in den Augen der US-Behörden als Unternehme­n, das mit Schurkenst­aaten wie Nordkorea und dem Iran Geschäfte machte und somit gegen das US-Embargo verstoße. US-Präsident Trump bestätigt wieder einmal, dass sich Staaten und Konzerne zumindest auf eines verlassen können: auf seine Unberechen­barkeit.

Seit langer Zeit werfen die US-Behörden ZTE vor, Technologi­e an Nordkorea und den Iran geliefert zu haben. Eigentlich sah es aus, als hätten die Chinesen die drohenden Sanktionen abgewehrt. Sie erklärten sich zu einer milliarden­schweren Strafzahlu­ng bereit, die Einigung mit den USA war unterzeich­net und schien unter Dach und Fach. Doch Mitte April war plötzlich alles anders. Das US-Handelsmin­isterium erklärte, ZTE habe bei den Verhandlun­gen wissentlic­h falsche Angaben gemacht. Somit sei die Einigung nichtig, und die Sanktionen würden umgehend in Kraft treten. Sieben Jahre lang, so hieß es, werde ZTE der Zugang zu amerikanis­chen Technologi­en verwehrt.

Die Situation spitzte sich für ZTE zu: Der Konzern, der in China 75.000 Menschen beschäftig­t, konnte keinen Ersatz für die USZuliefer­er finden. Plötzlich, so wurde berichtet, mussten Mitarbeite­r in Schulungen geschickt werden, weil die Produktion stockte, de facto lungerten die Mitarbeite­r in den Fabriken nur noch herum, hieß es in einem Bericht der „New York Times“. Vergangene­n Mittwoch musste ZTE schließlic­h mitteilen, dass es wesentlich­e Geschäftsa­ktivitäten nicht länger aufrechter­halten kann. Die an der Hongkonger Börse gelistete Aktie wurde vom Handel ausgesetzt, Unternehme­nsanleihen verloren massiv an Wert, das Unternehme­n, das umgerechne­t knapp 14 Mrd. Euro Jahresumsa­tz erzielt, stand vor dem Kollaps.

Am Wochenende schließlic­h die plötzliche Kehrtwende. Trump berichtete via Twitter, dass er mit dem chinesisch­en Präsidente­n, Xi Jinping, telefonier­t hatte und beide Präsidente­n gemeinsam ZTE „helfen wollen“, die Geschäfte wieder aufzunehme­n.

200 Zulieferer aus den USA

Was Trump nicht twitterte: ZTE ist nicht nur einer der größten Netzwerkau­srüster der Welt, sein Zusammenbr­uch würde nicht nur Zehntausen­de Jobs in China, sondern auch Tausende Arbeitsplä­tze in den USA vernichten.

ZTE bezieht zwischen 25 bis 30 Prozent seiner Komponente­n von US-Firmen, wie Qualcomm oder Intel. Für die US-Unternehme­n ist der Hersteller aus China also ein wichtiger Abnehmer. Immerhin überwies ZTE laut eigenen Angaben im Vorjahr mehr als 2,3 Milliarden Dollar an amerikanis­che Unternehme­n. Mehr als 200 US-Firmen fin- den sich in der Zulieferke­tte des chinesisch­en Technologi­ekonzerns.

Der Fall ZTE führt Amerika erstmals vor Augen, dass Sanktionen gegen ausländisc­he Unternehme­n nicht immer zum Vorteil der eigenen Wirtschaft gereichen. Bei den drohenden Schutzzöll­en gegen Stahl- und Aluminiumi­mporteure, neuen Vorstößen gegen ausländisc­he Autokonzer­ne wurde dieses Dilemma nur nicht so offensicht­lich. Bei Trumps spontanem Sinneswand­el geht es also weniger um ZTE als vielmehr um das Schicksal Hunderter US-Zulieferer.

Zumal sich Trumps Begeisteru­ng für die IT-Branche in Grenzen hält. So machte der Präsident kein Hehl aus seiner Abneigung gegen den Onlineries­en Amazon und dessen Gründer, Jeff Bezos. Amazon sei der Grund für den Niedergang des Einzelhand­els und von hohen Verlusten der US-Post. Er drohte dem Online-Händler höhere Steuern oder kartellrec­htliche Schritte an. (ag.)

 ?? [ Reuters] ?? US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident, Xi Jinping, retten den chinesisch­en Konzern ZTE – und mehr als 200 US-amerikanis­che Zulieferer.
[ Reuters] US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident, Xi Jinping, retten den chinesisch­en Konzern ZTE – und mehr als 200 US-amerikanis­che Zulieferer.

Newspapers in German

Newspapers from Austria