Thiems Manko im Wettbewerb um große Titel
Das Spiel von Dominic Thiem unterliegt einer erstaunlichen, noch zu großen Schwankungsbreite. Thiem hätte auch als der große Verlierer von Madrid dastehen können. Das Finale muss Auftrieb geben.
Tennis ist ein unberechenbarer Sport. Wer Dominic Thiem bei seinen Niederlagen gegen Rafael Nadal in Monte Carlo oder Stefanos Tsitsipas in Barcelona gesehen hatte, der hielt einen Erfolgslauf des 24-Jährigen bis ins Endspiel von Madrid kaum für möglich. Auch in der spanischen Hauptstadt deutete zu Turnierbeginn nichts auf eine derartige Leistungsexplosion hin, das Auftaktspiel gegen Federico Delbonis war auch gepflastert von unerzwungenen, teils unerklärlichen Eigenfehlern.
Den Argentinier Delbonis trennten im Duell mit Thiem nur zwei Spielgewinne vom Sieg, der Kroate Borna C´oric´ war im Achtelfinale sogar noch näher dran: Ihm fehlten gar nur zwei Punkte. Vorjahresfinalist Thiem hätte sich in Madrid gut und gern auch als der große Verlierer dieser Turnierwoche entpuppen können, stattdessen verließ er Spanien am Montag in Richtung Rom mit dem Wissen, wieder gegen die Allerbesten bestehen zu können.
Speziell der Viertelfinalsieg über Rafael Nadal muss nachhaltig Positives bewirken. Immerhin, es war der erste Erfolg gegen einen Großen der Szene seit fast einem Jahr. Bei den French Open 2017 hatte Thiem in der Runde der letzten Acht Novak Djokovic´ bezwungen, ehe er gegen Nadal chancenlos blieb. Und auch das ist eine positive Erkenntnis von Madrid. In der Vergangenheit hat der Schützling von Günter Bresnik nach Siegen gegen einen Weltklassespieler im nächsten Match die hohen Erwartungen in der Regel nicht erfüllt.
In Madrid aber folgte auf den Triumph gegen Nadal eine überzeugende Leistung und der allererste Erfolg gegen den Südafrikaner Kevin Anderson, dem er zuvor sechs Mal unterlegen war. Dass sich Thiem in Madrid nicht mit seinem ersten Turniersieg auf Masters-1000-Ebene belohnte, lag am starken Auftritt (und Aufschlag) von Alexander Zverev und einem doch beträchtlichen Leistungsabfall im Vergleich zu seinen vorangegangenen Partien.
Thiem, und diese Behauptung ist keineswegs gewagt, ist neben dem Bulgaren Grigor Dimitrow jener TopTen-Spieler mit der größten Schwankungsbreite in seinem Spiel. Das belegen ganze Turnierwochen genauso wie einzelne Matches. Das Tennis des Weltranglistenachten wird auf diesem Niveau immer noch zu häufig von spielerischen Leerläufen begleitet. Solang dieses Manko nicht behoben wird, sind große Titel auf Masters-1000- und Grand-Slam-Ebene ausgesprochen schwer zu realisieren.
Die nächste Chance bietet sich Thiem diese Woche in Rom. Das Auftaktspiel gegen Fabio Fognini oder Gael Monfils findet am Mittwoch statt.