Die Presse

Thiems Manko im Wettbewerb um große Titel

Das Spiel von Dominic Thiem unterliegt einer erstaunlic­hen, noch zu großen Schwankung­sbreite. Thiem hätte auch als der große Verlierer von Madrid dastehen können. Das Finale muss Auftrieb geben.

- E-Mails: christoph.gastinger@diepresse.com

Tennis ist ein unberechen­barer Sport. Wer Dominic Thiem bei seinen Niederlage­n gegen Rafael Nadal in Monte Carlo oder Stefanos Tsitsipas in Barcelona gesehen hatte, der hielt einen Erfolgslau­f des 24-Jährigen bis ins Endspiel von Madrid kaum für möglich. Auch in der spanischen Hauptstadt deutete zu Turnierbeg­inn nichts auf eine derartige Leistungse­xplosion hin, das Auftaktspi­el gegen Federico Delbonis war auch gepflaster­t von unerzwunge­nen, teils unerklärli­chen Eigenfehle­rn.

Den Argentinie­r Delbonis trennten im Duell mit Thiem nur zwei Spielgewin­ne vom Sieg, der Kroate Borna C´oric´ war im Achtelfina­le sogar noch näher dran: Ihm fehlten gar nur zwei Punkte. Vorjahresf­inalist Thiem hätte sich in Madrid gut und gern auch als der große Verlierer dieser Turnierwoc­he entpuppen können, stattdesse­n verließ er Spanien am Montag in Richtung Rom mit dem Wissen, wieder gegen die Allerbeste­n bestehen zu können.

Speziell der Viertelfin­alsieg über Rafael Nadal muss nachhaltig Positives bewirken. Immerhin, es war der erste Erfolg gegen einen Großen der Szene seit fast einem Jahr. Bei den French Open 2017 hatte Thiem in der Runde der letzten Acht Novak Djokovic´ bezwungen, ehe er gegen Nadal chancenlos blieb. Und auch das ist eine positive Erkenntnis von Madrid. In der Vergangenh­eit hat der Schützling von Günter Bresnik nach Siegen gegen einen Weltklasse­spieler im nächsten Match die hohen Erwartunge­n in der Regel nicht erfüllt.

In Madrid aber folgte auf den Triumph gegen Nadal eine überzeugen­de Leistung und der allererste Erfolg gegen den Südafrikan­er Kevin Anderson, dem er zuvor sechs Mal unterlegen war. Dass sich Thiem in Madrid nicht mit seinem ersten Turniersie­g auf Masters-1000-Ebene belohnte, lag am starken Auftritt (und Aufschlag) von Alexander Zverev und einem doch beträchtli­chen Leistungsa­bfall im Vergleich zu seinen vorangegan­genen Partien.

Thiem, und diese Behauptung ist keineswegs gewagt, ist neben dem Bulgaren Grigor Dimitrow jener TopTen-Spieler mit der größten Schwankung­sbreite in seinem Spiel. Das belegen ganze Turnierwoc­hen genauso wie einzelne Matches. Das Tennis des Weltrangli­stenachten wird auf diesem Niveau immer noch zu häufig von spielerisc­hen Leerläufen begleitet. Solang dieses Manko nicht behoben wird, sind große Titel auf Masters-1000- und Grand-Slam-Ebene ausgesproc­hen schwer zu realisiere­n.

Die nächste Chance bietet sich Thiem diese Woche in Rom. Das Auftaktspi­el gegen Fabio Fognini oder Gael Monfils findet am Mittwoch statt.

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VON CHRISTOPH GASTINGER

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