Anklage gegen führende Identitäre
Vorwurf der Kriminellen Vereinigung. Staatsanwaltschaft beschuldigt 17 Personen.
Steiermark. Die Grazer Staatsanwaltschaft hat gegen zehn führende Vertreter der Identitären Bewegung Österreich und sieben weitere aktive Sympathisanten eine Anklage wegen Verhetzung und krimineller Vereinigung eingebracht. Sie würden ihre fremdenfeindliche Ideologie durch provokante Aktionen, Internetauftritte, Demonstrationen, Stammtische, Plakatierungen sowie den Verkauf von Propagandamaterial verbreiten, heißt es.
Wien/Graz. Ist die Identitäre Bewegung Österreich (IBÖ) eine Vereinigung, die zulässigen politischen Aktionismus betreibt? Oder erfüllen die Aktivitäten und Äußerungen der extrem rechten Gruppierung, die unter anderem das „Ende der Masseneinwanderung“fordert, bereits den Tatbestand der Verhetzung? Diese Grundfrage stellte sich die Staatsanwaltschaft Graz im Rahmen umfangreicher Ermittlungen. Und lieferte die Antwort in Form einer Anklage gegen 17 Aktivisten der Identitären.
Der Generalvorwurf gegen alle 17 Personen – zehn führende Vertreter der IBÖ und sieben aktive Sympathisanten – lautet Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Dieses Delikt ist mit bis zu drei Jahren Haft bedroht. Elf Personen sind überdies wegen Verhetzung angeklagt, sechs wegen Sachbeschädigung, ein Beschuldigter muss sich zudem wegen Nötigung verantworten. Da es sich um einen Strafantrag handelt (und nicht um eine Anklageschrift), steht den Beschuldigten kein Einspruch gegen die Vorwürfe zu. Ob die Staatsanwaltschaft Graz richtigliegt, muss das Grazer Landesgericht entscheiden. Laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, Hansjörg Bacher, seien die Aktionen der IBÖ „generalisierend“. Es solle „zum Hass und zum Unmut aufgestachelt werden“. Insbesondere hätten die Beschuldigten „zum Hass gegen die Religionsgemeinschaft des Islam, gegen Muslime, Ausländer und Flüchtlinge und insbesondere auch türkische Staatsangehörige aufgestachelt“.
Graz ist deshalb Gerichtsort, weil der erste der aufgelisteten Vorwürfe ebendort „handelt“. Im April 2016 hatten mehrere Identitäre am Dach des Grazer Die-Grünen-Steiermark-Büros ein Transparent mit der Aufschrift „Islamisierung tötet“aufgehängt. Das Transparent wurde mit Theaterblut übergossen. Via Lautsprecher sei, laut Anklage, verkündet worden, dass die Grünen und die SPÖ am Terror schuld seien.
Im Juni 2016 hatten mehrere Personen aus dem Kreis der nunmehrigen Angeklagten sowie weitere Verdächtige einen Lehrsaal der Uni Klagenfurt gestürmt. Damals lief eine Vorlesung über Asyl und Migration. Transparente mit Aufschriften wie „Stoppt Zuwanderung“wurden entrollt.
Im September 2016 sprühten Identitäre in Maria Lankowitz (Steiermark) Parolen wie „Integration ist Lüge“auf Straßen und Gehsteige. Heiligenfiguren der örtlichen Kirche wurden etwa mit schwarzen Müllsäcken eingehüllt, um so auf die Vollverschleierung von Frauen anzuspielen.
Im März 2017 wurde am Dach eines Wiener Wohnhauses ein Transparent mit den Worten „Erdogan,˘ hol deine Türken ham“angebracht – inklusive der Silhouette von Prinz Eugen von Savoyen.
Audimax-Sturm: Freisprüche
Aufatmen dürfen indes Vertreter der Identitären an anderer Front: Nach einer Störaktion bei einer Aufführung von Elfriede Jelineks „Schutzbefohlenen“im Audimax der Uni Wien hat es ein Strafverfahren gegeben. Dabei sind gegen die Aktionisten aber Freisprüche ergangen. Diese wurden nun rechtskräftig.