Die Presse

Neuer Ministerpr­äsident Katalonien­s gewählt

Regierungs­programm. „Grillini“und Lega planen hohe Ausgaben, Revision von EU-Verträgen und Annäherung an Russland.

- VON SUSANNA BASTAROLI

Spanien. Das katalanisc­he Regionalpa­rlament hat rund fünf Monate nach der Wahl in der Autonomen Region mit Quim Torra einen neuen Ministerpr­äsidenten gewählt. Er folgt auf Ex-Regierungs­chef Carles Puigdemont, der ins Ausland geflohen ist und Torra zur Wahl empfohlen hatte. Puigdemont wartet in Deutschlan­d auf eine Entscheidu­ng über ein spanisches Auslieferu­ngsbegehre­n.

Rom/Wien. Die Hochzeitsv­orbereitun­gen zwischen der ausländerf­eindlichen Lega und der radikalen Fünf-Sterne-Bewegung schienen Montag nahezu abgeschlos­sen. Unter dem dynamische­n Namen „Vertrag für Veränderun­g“war das Regierungs­programm so gut wie fixiert, auf Twitter kündigte man pausenlos die „historisch­e Wende“an. Nur: Bis zum Schluss fehlte die Braut. Denn Lega-Chef Matteo Salvini und FünfSterne-Vorsitzend­er Luigi Di Maio feilschten den ganzen Tag um einen Kompromiss-Premier, der auch der strengen Prüfung des Präsidente­n standhalte­n würde. Sie hofften, noch am Montag Staatschef Sergio Mattarella ihren Kandidaten vorzustell­en.

Dem Präsidente­n reißt langsam die Geduld: Die Regierungs­verhandlun­gen laufen seit Anfang März, als die „Grillini“mit 32 Prozent stärkste Partei wurden. Matarella stellte zuletzt bereits eine technische Regierung oder gar Neuwahlen in den Raum.

Flat Tax und Grundeinko­mmen

In Brüssel fragt man sich indes besorgt, wohin diese mögliche „Große Koalition der Populisten“das dauerkrise­lnde Land – und damit die gesamte Eurozone – führen könnte. Denn Lega und Fünf Sterne scheuen bei ihrem Regierungs­abenteuer keine Ausgaben: Das großzügige Wirtschaft­sprogramm würde 60 bis 100 Milliarden Euro kosten, schätzt die Tageszeitu­ng „Corriere della Sera“. Geld, das Italien nicht hat. Die drittgrößt­e Volkswirts­chaft der Eurozone hat nach Griechenla­nd die zweithöchs­ten Staatsschu­lden in der EU, die Wirtschaft wächst nur stockend.

Trotzdem einigten sich Lega und Fünf Sterne offenbar auf eine Flat Tax: Künftig könnten italienisc­he Familien mit einem Einkommen von mehr als 80.000 Euro jährlich 20 Prozent, alle andere 15 Prozent Steuern zahlen. Auch über das Grundeinko­mmen – ein Kernwahlka­mpfverspre­chen – scheint Einigkeit zu herrschen. Ein Projekt, das bisher zumindest einige Budgetlöch­er stopfte, wollen die beiden Parteien hingegen rückgängig machen: die Pensionsre­form mit ihrem unter anderem höheren Pensionsan­trittsalte­r soll abgeschaff­t werden.

Auch mit den außenpolit­ischen Plänen dürfte Brüssel wenig Freude haben: Beide Parteien haben gute Beziehunge­n zum Kreml und sind offene Gegner der EU-Sanktionen. Sie kündigten eine „Annäherung“an Moskau an. Zudem setzten Lega und „Grillini“auf EU-Bashing und wollen „EU-Verträge neu verhandeln“, darunter den Maastricht-Vertrag mit der Drei-Prozent-Defizit-Grenze.

Innenpolit­isch setzt man auf das Thema Sicherheit und illegale Migration. Einwandere­r, die kein Aufenthalt­srecht haben, sollen schneller identifizi­ert und abgeschobe­n werden. Vor allem die Lega hat im Wahlkampf mit dem Verspreche­n gepunktet, die „Mittelmeer­route zu schließen“.

Im Regierungs­vertrag – Fünf-Sterne-Mitglieder müssen diesen übrigens per OnlineVotu­m absegnen – gibt es aber auch wunde Stellen: Unter anderem wird noch über den Themenbere­ich „Interessen­konflikte“verhandelt. Die Fünf-Sterne-Bewegung hat ihren Erzfeind, den Politiker und Medienmogu­l Silvio Berlusconi, im Visier. Berlusconi ist aber ein Verbündete­r Salvinis. Vom Bündnispar­tner verlangt der Ex-Premier jetzt Garantien, dass seine Firma Mediaset unangetast­et bleibt. Offenbar tut sich Salvini bisher schwer, den Partner von diesen „Garantien“zu überzeugen.

 ?? [ APA ] ?? Die Hochzeit der Populisten: So sieht dieser Künstler die neue „Union“zwischen LegaChef Matteo Salvini und Fünf-Sterne-Vorsitzend­em Luigi Di Maio.
[ APA ] Die Hochzeit der Populisten: So sieht dieser Künstler die neue „Union“zwischen LegaChef Matteo Salvini und Fünf-Sterne-Vorsitzend­em Luigi Di Maio.

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