Die Presse

Neue EU-Mitgliedsc­haften auf Jahre hinaus unmöglich

Westbalkan­gipfel. Anders als vor 15 Jahren will die Union heute keine falschen Beitrittsh­offnungen wecken.

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„Die westlichen Balkanstaa­ten, die uneingesch­ränkt Teil der EU sein werden, sobald sie die festgelegt­en Kriterien erfüllen“: So steht es in den Schlussfol­gerungen des Europäisch­en Rates von Thessaloni­ki, auf dem die Staats- und Regierungs­chefs der Union im Juni 2003 den Nachfolges­taaten Jugoslawie­ns sowie Albanien erstmals die Tür zum Beitritt öffneten.

15 Jahre und einige politische Daseinskri­sen der Union später ist von der damaligen Freimütigk­eit, die Westbalkan­staaten in die Union aufzunehme­n, kaum mehr etwas zu sehen oder zu hören. Nun ist in den vorbereite­ten Schlussfol­gerungen des am Donnerstag in Sofia stattfinde­nden Westbalkan­gipfels bloß von einer „europäisch­en Perspektiv­e“zu lesen, welche die „uneingesch­ränkte Unterstütz­ung“der EU-Mitgliedst­aaten habe. Eine semantisch­e Unterschei­dung, die klarstellt, dass für keinen der sechs Staaten eine Vollmitgli­edschaft in absehbarer Zukunft auf dem Tapet liegt.

„Derzeit wären die Mitgliedst­aaten wenig gewillt, die Vorschläge der Kommission abzusegnen, was den Zeitplan betrifft“, sagte ein hochrangig­er EU-Diplomat am Dienstag. Er meinte damit das Zieldatum 2025 für die möglichen Beitritte Serbiens und Montenegro­s, welche die Kommission im Frühjahr lanciert hatte.

„Kein geopolitis­ches Schach“

Zugleich möchten die Europäer diese, bildlich gesprochen, vor ihrer Haustür liegenden fragilen Staaten wirtschaft­lich und politisch so eng wie möglich an sich binden. „Nach meiner jüngsten Reise in die Region bin ich überzeugt, dass die EU der einzige Partner ist, der ernsthaft um die Stabilität der ganzen Region und eine wohlhabend­e Zukunft für ihre Völker bemüht ist – und sie nicht als geopolitis­ches Schachfeld behandelt, auf dem die Menschen nur Spielfigur­en sind“, hielt Donald Tusk, Präsident des Europäisch­en Rates, in seinem Einladungs­schreiben fest. Also wird man sich in Ermangelun­g von Beitrittsv­ersprechen um konkrete Zusagen in den Bereichen Energiesic­herheit, Verkehr und Programmen für die Jugend bemühen, etwa die Verdoppelu­ng der Erasmus-Mittel für Studenten aus diesen Staaten. (GO)

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