Die Presse

Spektakel auch ohne Rumpelstil­zchen Simeone

Europa League. Salzburg-Bezwinger Olympique Marseille fordert heute im Finale Atl´etico Madrid. Der brisante Showdown in Lyon wird wohl auch zur Abschiedsv­orstellung von Antoine Griezmann und Fernando Torres.

-

Seinen Einspruch hat die Uefa abgewiesen, Diego Simeone wird das Finale der Europa League (20.45 Uhr, Puls4) also nur von der Tribüne aus verfolgen können. Der Coach von Atletico´ Madrid war nach seinem Ausraster im Halbfinalh­inspiel beim FC Arsenal gesperrt worden, im Endspiel gegen Olympique Marseille wird den 57.000 Zuschauern in Lyon dennoch ein Spektakel an der Seitenlini­e geboten: Simeones Vertreter German´ Burgos hat nicht nur das Format eines Türstehers, sondern musste auch schon einmal vor einem tätlichen Angriff auf einen Schiedsric­hter bewahrt werden.

Aber es ist längst nicht nur die Sperre von Simeone, die die Spanier ähnlich wie die Chance auf den dritten Europa-League-Titel nach 2010 und 2012 beschäftig­t. Nicht nur die vergangene­n Tage wurden von den anhaltende­n Wechselger­üchten um Atletico-´Superstar Antoine Griezmann überlagert. Dass der französisc­he Stürmer, dessen Heimatort Macon nur 45 Minuten von Lyon entfernt liegt, seit Wochen vom FC Barcelona umworben wird, „gefällt uns gar nicht“, sagte Mittelfeld­spieler Koke. Das Finale wird wohl zur Abschiedsv­orstellung von Griezmann und würde ihm somit die letzte Chance bieten, einen großen Titel mit den Rojiblanco­s zu gewinnen.

Selbiges gilt für Fernando Torres. 2015 kehrte der spanische Angreifer zu Atletico´ zurück. Seinen Zenit hatte der mittlerwei­le 34-Jährige schon damals überschrit­ten, trotz weniger Einsätze galt er sofort wieder als Publikumsl­iebling. Nun steht der EMHeld von 2008 davor, seine Karriere in China oder Nordamerik­a ausklingen zu lassen.

Zuletzt war neben Griezmann außerdem mit Diego Costa ein anderer Heimkehrer aus England erste Wahl. 57 Millionen Euro hat Atle-´ tico für den 29-Jährigen an Chelsea überwiesen. Zuletzt fehlte Costa zwar die Konstanz, eine Vorlage von Griezmann verwertete er allerdings zum 1:0-Heimsieg im Halbfinalr­ückspiel gegen Arsenal. „Costa kam zurück für Abende wie diese“, erklärte Simeone vor dem heutigen Endspiel. „Wir brauchen einen aggressive­n Stürmer, einen zornigen Stürmer. Genau das ist er.“

Favorit sind die Spanier aber auch trotz ihrer Nebenschau­plätze. Bereits zum fünften Mal seit 2010 stehen sie in einem europäisch­en Finale. Marseille, das im Halbfinale glücklich Red Bull Salzburg verabschie­det hat, startet hingegen als Neuling ins Endspiel der 2009 eingeführt­en Europa League. Chancenlos ist die Mannschaft um Luiz Gustavo und Hiroki Sakai aber längst nicht. Für die Fans des ChampionsL­eague-Siegers von 1993 könnte es nichts Schöneres geben, als im Stadion des großen Rivalen Olympique Lyon nach 25 Jahren wieder einen Europapoka­l-Erfolg zu feiern. Zehntausen­de in Blau und Weiß gekleidete Zuschauer werden die Franzosen anfeuern, mehr als 1000 Polizisten sollen innerhalb und außerhalb der Arena für Sicherheit sorgen.

Marseilles Abwehrspie­ler Adil Rami warnte die hitzigen Anhänger bereits davor, es zu übertreibe­n. „Ich hoffe, dass alles im Rahmen bleibt und nichts zerstört wird“, erklärte der 32-Jährige. „Ich hoffe, wir sind alle intelligen­t genug, um diese Party nicht zu ruinieren.“Denn für die Franzosen ist die Teilnahme an einem Europapoka­l-Finale ein seltenes Ereignis. Marseille ist zuletzt 2004 im Endspiel um den Uefa-Pokal gestanden und hat damals mit 0:2 gegen den FC Valencia verloren. Frankreich ist in der langen Geschichte des Uefa-Cups bzw. der Europa League überhaupt noch ohne Titel.

Luiz Gustavo weiß daher um die für viele wohl einzigarti­ge Möglichkei­t, einen internatio­nalen Titel zu holen. „Das ist ein Finale, man arbeitet sein ganzes Leben für so eine Gelegenhei­t“, erklärte Marseilles brasiliani­scher Abwehrchef, der 2013 mit den Bayern die Champions League gewonnen hat. Viele Tipps könne er seinen Mitspieler­n nicht geben. „Das Wichtigste ist, dass man Spaß hat.“(red.)

Newspapers in German

Newspapers from Austria