Sturm, Drang und Tradition
Konzerthaus. Daniil Trifonov beschloss, begleitet vom Concertgebouw-Orchester, seine Personale fulminant mit Prokofieff.
Daniil Trifonov füllt schon nach wenigen Jahren seiner Karriere mühelos große Säle. Technisch scheint er keine Grenzen zu kennen. Je komplexer eine Partitur, je schwieriger ihr manueller Anspruch, umso wohler scheint er sich zu fühlen. Bei Prokofieffs Drittem Klavierkonzert schien der 27-Jährige den ersten Einsatz kaum erwarten zu können, stürzte sich mit ungezügeltem Temperament in den von vorwärts drängender Motorik bestimmten Stirnsatz, kostete seine zahlreichen technischen Vertracktheiten mit Bravour und sichtbarer Freude an gleißender Virtuosität aus. Die schillernde Poesie dieses mitreißenden Opus drängte er in der Hintergrund. Der Interpretation des Variationensatzes wäre weniger Aufgeregtheit gut angestanden.
Ideal erwies sich Trifonovs Partnerschaft mit dem Concertgebouw-Orchester, das damit nach Jahren wieder zu Gast im Wiener Konzerthaus war. Chefdirigent Da- niele Gatti hatte sich als Finalstück Mahlers Erste ausgesucht. Können doch die Amsterdamer auf eine besondere MahlerTradition hinweisen, die unter Gattis unmittelbaren Vorgängern, Jansons, Chailly und Haitink, intensiv gepflegt wurde.
Richtig in Fahrt kam das Orchester, immer wieder begleitet von unerwarteten Bläserirritationen, erst im mit Geschmack, Detailverliebtheit und Streicherglanz ausgebreiteten langsamen Satz sowie im dramaturgisch eindrucksvoll gesteigerten Finale. Zerklüftet, zuweilen ratlos zog der auch durch unterschiedlich bewältigte Übergänge beeinträchtigte erste Satz vorüber, was wesentlich an Gattis Tempodramaturgie lag. Harsch, etwas verkrampft hob der zweite Satz an, um bald jene hochkarätige Selbstverständlichkeit anzudeuten, wie sie sich in den beiden Folgesätzen erfüllen sollte. Dann ließen sich Dirigent und Orchester keine Gelegenheit entgehen, ihre Klasse auszuspielen. Entsprechend heftig der Applaus.