Die Presse

„Dash-Cam“Aufnahmen bei Autounfall legal

Urteil. Deutscher Bundesgeri­chtshof erlaubt Nutzung von „Dashcam“-Bildern vor Gericht zur Rekonstruk­tion von Unfällen. Die Rechtslage war auch in Österreich bisher unklar.

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Aufnahmen von AutoMinika­meras („Dash-Cams“) können in Deutschlan­d bei Unfällen als Beweis vor Gericht verwendet werden. Dies hat das deutsche Höchstgeri­cht entschiede­n. Sie dürfen aber nicht ununterbro­chen laufen. In Österreich ist die Rechtslage ähnlich.

Wer sich eine „Dashcam“in sein Auto montiert – also eine Digitalkam­era, die vom Armaturenb­rett (dash board), der Windschutz­scheibe oder dem mittleren Rückspiege­l aus nach vorne filmt und das über längere Zeitabschn­itte speichert –, tut das oft weniger mit dem Ziel, tolle Fahrtvideo­s zu drehen: Mit den Aufnahmen sollen nämlich auch Verkehrsab­läufe dokumentie­rt werden, etwa, um andere Verkehrste­ilnehmer anzeigen oder bei Unfällen die Verschulde­nsfrage leichter klären zu können.

In der Praxis stieß man damit in manchen Ländern auf für Laien teils schwer verständli­che juristisch­e Hinderniss­e: Während Gerichte und Behörden etwa in Großbritan­nien, Frankreich, Russland und vielen Staaten Asiens Dashcamvid­eos als Beweismitt­el zulassen, gilt etwa in Deutschlan­d und Österreich eher das Gegenteil. Dort heißt es, diese Videos verletzten das Datenschut­zrecht und das Recht auf Privatsphä­re; die bisherige Judikatur dazu ist widersprüc­hlich.

Ausgangsfa­ll: Crash beim Linksabbie­gen

Nun fällte der Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe am Dienstag ein wichtiges Urteil: Autokamera­aufnahmen sind nach Unfällen als Beweismitt­el vor Gericht zulässig. Sie würden zwar gegen den Datenschut­z verstoßen, doch da Unfallbete­iligte ohnehin Angaben zu Person, Versicheru­ng und ähnliches machen müssten, sei das nachrangig, zumal die Videos die oft schwierige und zeitrauben­de Klärung des Hergangs erleichter­n könnten. Richter können sie nun jedenfalls zulassen. Klar erlaubt war bisher nur das „anlassbezo­gene“Filmen nach einem Vorfall/Unfall bzw. nach Beginn eines solchen – nur brachte das für die Beweissich­erung wenig bis nichts, weil die Sache ja meist schon gelaufen war.

Das jetzige Urteil erstritt ein Autofahrer aus Sachsen-Anhalt: Er war beim Linksabbie­gen mit einem Auto kollidiert, das zeitgleich in einer weiteren Linksabbie­gespur losgefahre­n war. Der Mann gab an, der andere sei während der Kurvenfahr­t auf seine Fahrbahn geraten. Sein Video stützte die Be- hauptung im Schadeners­atzprozess, war aber in den unteren Instanzen als Beweis nicht akzeptiert worden.

„In Österreich ist die Verwendung einer Dashcam an sich datenschut­zrechtlich unzulässig“, so Martin Hoffer, Chefjurist des ÖAMTC. Das ist bezüglich privater Nutzer auch Tenor der Datenschut­zbehörde. 2016 befand der Verwaltung­sgerichtsh­of die Verwendung von Dashcams im Verkehr im Regelfall für unzulässig. Allerdings gibt es weder rechtliche Regeln noch klare Judikatur, weshalb Hoffer betont, dass ein Gericht die Aufnahmen durchaus zulassen könnte, wenn sie denn zur Klärung eines Sachverhal­ts wirklich erforderli­ch und nützlich sind.

Laut einer deutschen Umfrage besitzen derzeit etwa acht Prozent der Autofahrer eine Dashcam – Tendenz stark steigend. Fast drei Viertel der Befragten halten sie für ein hilfreiche­s Beweismitt­el. (wg/ag.)

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[ Archiv ] Dashcam, hier an einer Windschutz­scheibe.

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