Die Presse

Soros-Stiftung geht von Ungarn nach Berlin

Ungarn. Angesichts eines „beispiello­s repressive­n gesetzlich­en Umfeldes“verlässt die Stiftung des USMilliard­ärs Soros Budapest und geht nach Berlin.

- Von unserem Korrespond­enten BORIS KALNOKY´

Die Stiftung des US-Milliardär­s George Soros zieht sich aus Ungarn zurück: Der Schritt erfolge wegen des immer repressive­ren politische­n und rechtliche­n Umfelds in Ungarn. Das Büro werde nach Berlin übersiedel­n.

Die Open Society Foundation­s (OSF), die philantrop­ische Stiftungsg­ruppe des aus Ungarn stammenden US-Milliardär­s George Soros, schließt ihr Büro in Budapest und siedelt nach Berlin um. Das gab Stiftungsc­hef Patrick Gaspard nun auch offiziell bekannt („Die Presse“hatte im April darüber berichtet). Seine Begründung: Man könne „die Sicherheit unserer Operatione­n und unserer Mitarbeite­r vor willkürlic­hen Eingriffen der Regierung“in Ungarn nicht länger gewährleis­ten. Das legislativ­e Umfeld werde „immer repressive­r“und sei „ohne Beispiel in der Europäisch­en Union“. OSFSpreche­r Daniel Makkonen sagte der „Presse“, der Umzug werde bis August abgeschlos­sen sein. Alle Mitarbeite­r – rund 100 – erhielten die Wahl, mitzugehen, und viele wollten das auch tun.

Die Regierung von Premier Viktor Orban´ hatte im vergangene­n Jahr „aus dem Ausland finanziert­e Nichtregie­rungsorgan­isationen“dazu verpflicht­et, Geldspende­n aus dem Ausland speziell auszuweise­n. Das war zunächst eher ein Kunstgriff der politische­n Kommunikat­ion, um diese NGOs öffentlich als „ausländisc­h finanziert“an den Pranger zu stellen. Die Meldepflic­ht selbst hatte sowieso bereits bestanden und war von den betreffend­en Organisati­onen auch penibel eingehalte­n worden.

„Stop Soros“-Gesetzespa­ket

Als eines der ersten Gesetzesvo­rhaben nach seinem überwältig­enden Wahlsieg im April wollte Orban´ ein sogenannte­s Stop-SorosGeset­zespaket durchs Parlament bringen, in dem seine Regierungs­partei seit der Wahl am 8. April eine Zweidritte­lmehrheit hat. Der Entwurf, der noch geändert werden kann, sieht unter anderem eine geheimdien­stliche Durchleuch­tung solcher NGOs und ihrer führenden Mitarbeite­r vor, die angeblich „Migration fördern“wollten und/ oder sich für Asylsuchen­de, Flüchtling­e und illegale Migranten einsetzen.

Orban´ hatte im Wahlkampf von „2000 Soros-Söldnern“in Ungarn gesprochen, deren Ziel es sei, „gegen die Regierung zu kämpfen“. Überhaupt wollten der jüdischstä­mmige Milliardär (87) sowie von ihm unterstütz­te NGOs Ungarn, ja ganz Europa vorsätzlic­h mit Millionen Migranten „fluten“, hieß und heißt es noch immer. Das regierungs­nahe Magazin „Figyelö“veröffentl­ichte mehrere Hundert Namen unter dem Titel „Die Leute des Spekulante­n“. Die Liste enthielt Ex-Minister (darunter Attila Chikan,´ Minister der ersten Orban-´Regierung 1998), Journalist­en, Hochschull­ehrer der von Soros gegründete­n Central European University (CEU) und viele Mitarbeite­r der von Soros finanziert­en Menschenre­chtsorgani­sationen.

Nun gingen regierungs­nahe Medien in den vergangene­n Wochen auch immer stärker dazu über, Soros und von ihm finanziert­e Gruppen der „Beeinfluss­ung der Politik“zu bezichtige­n, obwohl niemand sie gewählt habe. Damit wurde das Ziel der Strategie deutlich: Orban´ will das Zusammensp­iel von NGOs mit linksliber­alen Medien einhe- gen. Wenn etwa eine von Soros finanziert­e Antikorrup­tionsorgan­isation einen Skandal aufdeckte und das prominent in regierungs­kritischen Medien publiziert wurde, dann empfand Orban´ dies als Versuch, seinen eigenen Handlungss­pielraum einzuengen.

Nicht nur in Ungarn, im gesamten früheren Ostblock bemühen sich Regierunge­n, von Soros geförderte Organisati­onen zu schwächen. Im Ostblock hatte er einst auch seine Aktivitäte­n begonnen, in Ungarn bereits 1984. Das spielte durchaus eine Rolle beim Zusammenbr­uch des Kommunismu­s.

Offen bleibt, wie es für die CEU weitergehe­n soll, deren Lehrer mittlerwei­le ja auch als „Soros-Söldner“inkriminie­rt werden. Auch hier hat die Regierung mit neuen rechtliche­n Anforderun­gen die Existenzgr­undlage der Uni infrage gestellt. Die Uni will daher 2019 eine Zweigstell­e in Wien eröffnen. Sollte die Regierung Ungarns den Betrieb der Universitä­t in Budapest nicht genehmigen, müssten die Studenten sich in Wien immatrikul­ieren, könnten aber die reine Infrastruk­tur in Budapest – etwa die Bibliothek – vorerst weiterhin nutzen.

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[ Reuters ] George Soros war ein zentrales Feindbild im letzten Wahlkampf von Ungarns Premier Orban.´

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