Die Presse

Streit um Essen im Kindergart­en

Gericht. Wien schreibt seit 16 Jahren die Essenslief­erung in städtische­n Kindergärt­en nicht aus, obwohl andere Firmen günstiger produziere­n könnten. Es geht um Millionen.

-

Wien schreibt seit 16 Jahren die Essenslief­erung in Kindergärt­en nicht aus.

Meistens wird in Kindergärt­en darüber diskutiert, ob das Essen gesund genug ist. Hinter dieser Diskussion­en steht aber auch ein Millioneng­eschäft. Im konkreten Fall: circa 16 Millionen Euro jährlich. Dabei soll es in Wien bei den Stadt-Kindergärt­en nicht vollends mit rechten Dingen zugehen.

Heute, Donnerstag, wird am Wiener Verwaltung­sgericht in einem Feststellu­ngsverfahr­en über die Vergabe des Essenslief­erauftrags an städtische Wiener Kindergärt­en verhandelt. So wirft die Firma Ay-Sen mit ihrer Partnerfir­ma Menü Manufaktur der Stadt Wien vor, nach 16 Jahren die Vergabe der Essenslief­erung nicht neu auszuschre­iben. „Das ist im Vergaberec­ht eine lange Zeit“, argumentie­rt Anwalt Sandro Huber von der Kanzlei Recht und Technik, der die Firma Ay-Sen vertritt.

Bereits nach wenigen Jahren sei mit neuen Anbietern auf dem Markt zu rechnen, die auch günstiger produziere­n können. So geht die Firma Ay-Sen davon aus, dass sie um fünf Prozent günstiger produziere­n kann, bei gleicher Qualität. Insgesamt könnten so im Jahr laut Berechnung­en von Ay-Sen 800.000 Euro (bei einem Auftragswe­rt von 16 Mio. Euro) eingespart werden.

Hinzu kommt, dass die Firma Ay-Sen sich auf Halal-Essen spezialisi­ert hat. Ein Integratio­nsvorteil, wie Geschäftsf­ührer Ergün Kuzugüdenl­i findet. Denn aus der eben für die Stadt Wien durchgefüh­rten repräsenta­tiven Kindergart­en-Studie wisse man, dass das Anbieten von Halal-Essen ein Argument für Eltern sei, Kinder in einen islamische­n Kindergart­en zu schicken.

Stadt sieht „keinen Grund“

Doch die Stadt Wien weigert sich, neu auszuschre­iben. „Ganz banal gesagt, wir sehen derzeit keinen Grund“, sagt die Leiterin der MA 10 (Wiener Kindergärt­en), Daniela Cochlar. Man habe schon jetzt einen niedrigen Essensprei­s von 65,35 Euro im Monat für drei Mahlzeiten am Tag, bei guter Qualität und einem hohen Bioanteil. „Aus Erfahrung wissen wir, dass es bei einer neuen Ausschreib­ung nicht günstiger wird.“Was jetzt nicht heiße, dass man den Auftrag nicht wieder ausschreib­en werde. „Ich glaube auch nicht, dass ein Besuch im städtische­n Kindergart­en nur deshalb unterbleib­t, weil es kein Halal-Essen gibt. Wir finden für jedes Kind eine Lösung.“

Vor Gericht argumentie­ren die Anwälte der Stadt Wien und der Firma GMS Gourmet, die das Essen derzeit produziert und sich dem Verfahren angeschlos­sen hat, nun, dass sich der Vertrag nicht geändert hat. So werde noch immer weniger als die damals vereinbart­en maximal 30.000 Portionen pro Tag geliefert, auch sei die Vertragsle­istung nicht standortge­bunden.

Die Firma Ay-Sen sieht das anders. So hätten sich die nachgefrag­ten Menüsorten drastisch verändert, der Vertragsum­fang sei gestiegen, die Standorte von damals seien nicht mehr dieselben. Nicht einmal die Firma sei noch dieselbe. Unterzeich­net wurde der Vertrag damals von der Gustana MenüServic­e Gesellscha­ft mbH. Mittlerwei­le heißt die Firma aber GMS Gourmet. In einer Stellungna­hme von Anfang Mai widerspric­ht die GMS Gourmet. Durch einen Spaltungs- und Übernahmev­ertrag sei „keine inhaltlich­e Änderung der ursprüngli­ch zwischen der Stadt Wien und Gustana abgeschlos­senen Vertragsbe­ziehung eingetrete­n“. (win)

Newspapers in German

Newspapers from Austria