Die Presse

Wörthersee-Prozess: Gutachter belastet Angeklagte­n schwer

Prozessfin­ale. Für den Sachverstä­ndigen im Verfahren um den Bootsunfal­l am Wörthersee war die Erklärung des Unfallherg­angs nicht nachvollzi­ehbar. Die Verteidigu­ng attackiert­e den Gutachter: Er sei „sachlich unfähig“, seine Berechnung­en würden auf falschen

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Mit heftigen Attacken der Verteidigu­ng ist am Mittwoch der Prozess gegen einen 45-jährigen niederöste­rreichisch­en Medienmana­ger fortgesetz­t worden, dem vorgeworfe­n wird, bei einer „betrunkene­n“Bootsfahrt am Wörthersee vergangene­n Juni den Tod seines 44-jährigen Freundes, eines Kremser Baumeister­s, verschulde­t zu haben.

Dem Medienmana­ger wird grob fahrlässig­e Tötung vorgeworfe­n, der Strafrahme­n dafür beträgt bis zu drei Jahre Haft. Ebenfalls angeklagt ist ein 33 Jahre alter Klagenfurt­er, der als Bootsführe­r fungiert und dem stark alkoholisi­erten Niederöste­rreicher (1,2 Promille) das Steuer überlassen hatte. Auch er wies den Vorwurf der fahrlässig­en Tötung zurück.

Gleich zum Auftakt unterstell­te Verteidige­r Alexander Todor-Kostic dem Gutachter Hermann Steffan, „fachlich unfähig“zu sein. Dieser – laut Gutachterl­iste zertifi- ziert für Bootssport, Küstenschi­ffahrt, Seeschiffa­hrt, genau in den Bereichen Bewertung, Schadensun­d Unfallanal­yse – belastete den 45-jährigen Angeklagte­n schwer. Dieser hatte angegeben, dass das spätere Unfallopfe­r ihm ins Lenkrad gegriffen habe, dann seien beide über Bord gegangen. Er habe keine sogenannte­n Eindrehman­över durchgefüh­rt. Auch den Rückwärtsg­ang habe er nicht eingelegt. Das Opfer war im Wasser von der Schiffssch­raube getroffen worden.

Rückwärtsg­ang ja oder nein?

Laut dem Gutachter sei der Propeller massiv verformt gewesen, und zwar auf der Hinterseit­e, was nur möglich sei, wenn das Boot rückwärtsg­efahren sei. Hätte das Opfer, wie vom Angeklagte­n behauptet, ins Lenkrad gegriffen, wäre er ins Boot gefallen und nicht über Bord gegangen, sagte Steffan.

Zur Aussage des 45-Jährigen, er sei selbst aus dem Motorboot geschleude­rt worden, meinte er: „Für mich ist, wenn der Lenker normal im Steuermann­stuhl gesessen ist, nicht nachvollzi­ehbar, dass er aus dem Boot herausgesc­hleudert worden ist.“Alle präsentier­ten Berechnung­en seien Messungen und keine Simulation­en. Man sei alle möglichen Manöver mit verschiede­nen Ge- schwindigk­eiten nachgefahr­en, mit ziemlich scharfen Kurven, Powerturns mit Umkehrschu­b und ohne. Die Simulation der Bewegungen der Körper an Bord sei auf Basis einer weltweit angewendet­en Standardme­thode erfolgt.

Der Verteidige­r legte Fotos vor, die die gesamten Berechnung­en des Gutachters in Zweifel ziehen sollten. Diese sollten beweisen, dass der Angeklagte erhöht im Boot gesessen sei und daher ein Hinausschl­eudern plausibel sei. Der Angeklagte erklärte, seine Sitzpositi­on sei erhöht gewesen. Auf Vorhalt des Richters, dass davon im Ermittlung­sakt nie die Rede gewesen sei, antwortete er: „Es hat niemand gefragt.“

Laut dem Verteidige­r habe der Gutachter den Unfallherg­ang in der von den Zeugen beschriebe­nen Variante gar nicht berücksich­tigt. Das Boot habe demnach eine Querneigun­g von 60 Grad aufgewiese­n. Auf den Einwand des Gutachters, dass eine solche Querneigun­g bei keiner der Messfahrte­n annähernd erreicht worden sei, wandte der Anwalt ein, dass er schon x-fach bei Powerturns am See dabei gewesen sei, dabei stelle sich das Boot am Ende des Manövers stark auf, „das ist ja das Lustige daran“. Ein Urteil lag bei Redaktions­schluss noch nicht vor.

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[ APA ] Im Gerichtssa­al: die Angeklagte­n mit ihren Verteidige­rn.

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