Ein Jammertal voll violetter Schönfärberei
Austrias irritierende Reaktion: Das Saisonziel klar verpasst, aber Verträge von Wohlfahrt und Letsch verlängert. Fußball in Favoriten: Das Ziel verfehlt, den Vertrag verlängert.
Wer gegen WAC, einen der schwächsten Klubs in der Bundesliga, sogar im Spiel der zweiten Chance (1:2) verliert, hat ein schwerwiegendes Problem. Es ist bezeichnend für einen Verein wie Austria, in welches Jammertal man sich so nachhaltig verirren kann, partout aber jede Ausfahrt auslässt, die Besserung bloß verheißen könnte.
Kein Europacup: Allein dieser Missstand sollte bei einem Großklub, der jährlich 27 Millionen Euro Etat ins Spiel bringt und wie die Violetten eine in Österreich doch eher beachtliche Historie (24 x Meister, 27 x Cupsieger) vorzuweisen hat, die Alarmglocken schrillen lassen. Was sich schon durch die komplette Saison wie ein roter Faden zieht, wird auch nach dem viel zu spät erfolgten Rauswurf von Thorsten Fink munter fortgesetzt.
Niederlagen werden schöngeredet, der Aufschwung wird versprochen – es bleibt alles gleich. Im Gegenzug Spielern jedoch fehlenden Charakter zu attestieren ist kein genialer Schachzug der Geschäftsführung. Ihre weitere Motivation, sich für Austria aufzuopfern, einzusetzen – einfach gut zu spielen, ist absehbar. Vor allem bei jenen, die ohnehin am Absprung waren, wie Holzhauser oder Pires. Oder bei jenen, die aus diversen Medien erfahren haben, dass ihre Verträge nicht verlängert werden.
Fünf Partien, ein Punkt – Austria ist Tabellensiebenter. Dieser ernüchternde Umstand ist zwar allein nicht nur Trainer Thomas Letsch anzulasten. Doch offenbar verstehen ihn die Spieler nicht, sein System klappte ja nur für fünf Runden. Viele fragen sich jetzt, ob er denn überhaupt der richtige Trainer für Favoriten ist.
Der Deutsche, zuvor bei Salzburg nicht geschätzt und in Aue früh gescheitert, hat das Ziel, Austria noch in den Europacup zu führen, verpasst. Die logische Folge in Favoriten? Sein Vertrag wird bis 2020 verlängert. AGVorstand Markus Kraetschmer und Sportdirektor Franz Wohlfahrt brauchten, laut eigenen Aussagen, selbst viele Gespräche, um von seinen Ideen überzeugt zu sein. Rashid Rachimow, Werner Gregoritsch oder Manfred Schmid wurden gefragt, ob sie sich die Mission am Verteilerkreis vorstellen könnten. Sie haben, wie Zlatko Junuzovic,´ abgewinkt. Oder hatten keine Lust. Weil bis auf das Stadion Perspektiven fehlen? Weil Wohlfahrts neuer Vertrag bis 2021 läuft . . . ?
Damit hängt Austrias Gedeih nun an Wohlfahrt und Letsch. Der Sportdirektor muss Ersatz für Holzhauser finden. Letsch braucht dringend grundsolide Abwehrspieler und vor allem treffsichere Stürmer. Sonst bleibt das Unterfangen, sich nächste Saison Rapid und Sturm Graz zumindest wieder anzunähern, bloß die nächste violette Illusion. Im Schönreden hat man allerdings in Favoriten bereits so seine Übung.