Die Presse

Großbauern zittern um Förderunge­n

Landwirtsc­haft. Den Bauern stehen Kürzungen ins Haus. Geplant ist auch eine Obergrenze von 60.000 Euro. In der EU fließen 80 Prozent der Förderunge­n an 20 Prozent der Betriebe.

- DONNERSTAG, 17. MAI 2018 VON JEANNINE BINDER

Felix Montecucco­li ist nicht der erste Waldbesitz­er in seiner Familie. Die Montecucco­lis, ein altes Adelsgesch­lecht, haben ihren Wald über Generation­en bewahrt. Heute hat die Familie fast 1000 Hektar Wald und 200 Hektar Landwirtsc­haft. Gut Mitterau im niederöste­rreichisch­en Dunkelstei­nerwald wird von Felix Montecucco­li verwaltet. Er ist auch Präsident der Land- und Forstbetri­ebe Österreich, der Interessen­vertretung der Waldbesitz­er und Großbauern.

Einige von ihnen müssen künftig mit weniger Geld auskommen – zumindest, wenn es nach dem Willen der EU-Kommission geht: Sie hat vorgeschla­gen, die flächengeb­undenen Förderunge­n (Direktzahl­ungen) bei 60.000 Euro im Jahr zu begrenzen. Damit wären Großbetrie­be von den geplanten Sparmaßnah­men besonders betroffen. Unter dem Strich soll es für die Bauern in der nächsten Budgetperi­ode ab 2021 um sieben Prozent weniger Förderunge­n geben.

Montecucco­li sieht „kein akzeptable­s Argument“für eine Obergrenze. Laut Schätzung der Interessen­vertretung wären davon 1400 Betriebe in Österreich betroffen. Wie viel sie verlieren würden, lasse sich nicht sagen. Aber Montecucco­li, dessen Betrieb zuletzt 73.337 Euro an Direktzahl­ungen und Umweltförd­erungen bekommen hat, hält nichts davon: „Wenn man einigen wenigen Großen das Leben schwer macht, hilft das keinem einzigen anderen Bauern.“

Die EU-Kommission argumentie­rt, dass der Einsatz von Maschinen und Arbeit mit zunehmende­r Größe sinkt und Großbetrie­be deshalb günstiger produziere­n können. Montecucco­li sieht die Förderunge­n als Fixum, die in den meisten Betrieben nicht einmal die laufenden Kosten decken. „Aber wenn die Ernte ausfällt, kommt man wenigstens über die Runden.“Die Obergrenze wäre eine „Bestrafung“der Betriebe.

14.000 Euro pro Betrieb

Landwirtsc­haftsminis­terin Elisabeth Köstinger (ÖVP) bezeichnet­e die geplanten Kürzungen im Agrarbudge­t kürzlich als „Anschlag“auf den Umweltschu­tz, die bäuerliche­n Familienbe­triebe und den ländlichen Raum. Bei den Direktzahl­ungen, die pro Hektar ausbezahlt werden, drohen laut Ministeriu­m Kürzungen von 27,5 Mio. Euro jährlich. In der Ländlichen Entwicklun­g, die an Umweltleis­tungen gekoppelt ist, wären es 97,5 Mio. Euro. Agrarfunkt­ionäre betonen stets die Bedeutung der Förderunge­n für die vielen kleinen Bauern in Österreich. Unter den größten Förderbezi­ehern finden sich aber nur wenige Bauern. Der größte Posten ist mit 26,8 Mio. Euro die Agrarmarkt Austria, gefolgt vom Salzburger Nationalba­nkfonds (5,4 Mio.) und der Erzeugerge­meinschaft Obst Partner Steiermark (2,8 Mio. Euro). Auch die Landwirtsc­haftskamme­r, der Imkereidac­hverband und die Österreich Wein Marketing sind ganz vorn mit dabei. Der erste Landwirt in der Liste ist Maximilian Hardegg, der 2016 in Summe 872.446 Euro Förderunge­n erhalten hat.

Laut einer oft zitierten Statistik fließen in der EU 80 Prozent der Förderunge­n an 20 Prozent der Betriebe. Montecucco­li weist diese Zahl zurück. In Österreich etwa erhielten Großbetrie­be mehr Geld für Ackerbau, kleinere würden da- für mehr Geld aus dem Topf für die Ländliche Entwicklun­g lukrieren. In Österreich wurden zuletzt 1,6 Milliarden Euro Förderunge­n an 114.034 Betriebe ausbezahlt. Im Durchschni­tt flossen pro Betrieb 14.000 Euro. Neun Prozent der Bauern erhielten über 100.000 Euro Subvention­en (siehe Grafik).

Zehn Prozent minus

Großbritan­nien ist nach Deutschlan­d der größte EU-Nettozahle­r. Wegen des Brexit wird es erstmals in der Geschichte der EU deutliche Einsparung­en bei den größten Haushaltsp­osten geben, der Agrar- und der Kohäsionsp­olitik. In Westeuropa soll das Minus laut Plan größer sein als im Osten. Österreich drohen deshalb stärkere Kürzungen. Das Landwirtsc­haftsminis­terium rechnet mit minus zehn Prozent. Das EU-Agrarbudge­t betrug zuletzt rund 60 Mrd. Euro.

Wenn man einigen Großen das Leben schwer macht, hilft das keinem anderen Bauern. Felix Montecucco­li, Land- und Forstbetri­ebe

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