Die Angst des Österreichers vor der Chance
Die Ablehnung von Freihandel zeigt eine seltsam passive Einstellung.
J etzt hat die Regierung den Freihandelsvertrag mit Kanada also zur Ratifizierung durchgewinkt. Gut so. Österreich ist ein extrem exportorientiertes Land und braucht deshalb möglichst viele möglichst offene Märkte. Dass es dazu einiger argumentativ ziemlich lächerlich wirkender Verrenkungen der früheren Anti-Cetaund jetzigen Regierungspartei FPÖ bedurft hat, ist lustig, aber hier nicht der Punkt.
Der ist vielmehr die erstaunliche Tatsache, dass sich in einem so exportabhängigen Land ein derartiges Maß an Freihandelsskepsis entwickeln konnte. Immerhin haben vor nicht allzu langer Zeit (von der jetzigen Pro-Ceta-Partei FPÖ befeuert) fast 600.000 Österreicher ein Volksbegehren gegen den EU-Pakt mit Kanada unterschrieben.
Die meisten wohl, ohne auch nur einen Blick in den seit 2016 auch auf Deutsch vorliegenden Vertragstext geworfen zu haben. (Wer es nachholen will: https:// ec.europa.eu/austria/news/ deutsche-übersetzung-desceta-abkommens-onlineabrufbar_de). Aber Information als Holschuld ist wohl kein originär österreichisches Konzept. D ie Skepsis gegen offene Märkte könnte viel mit einer hierzulande besonders ausgeprägten passiven Einstellung zu tun haben: Man überhöht die Gefahren, die von ausländischer Konkurrenz ausgeht, und übersieht gern die Chancen, die sich einem gleichzeitig selbst auf Auslandsmärkten bieten.
Ein schönes Beispiel: Freihandelsgegner malten das Schreckensbeispiel an die Wand, dass amerikanische Unternehmen (etwa Greyhound) in Österreich der umweltfreundlichen Bahn (die, ganz nebenbei, fast so viele Passagiere in Bussen transportiert wie in Zügen) unfaire Billigkonkurrenz machen könnten.
In der Realität läuft es allerdings oft umgekehrt: Ausgerechnet gestern hat etwa der europäische Busgigant Flixbus in Los Angeles seinen Einstieg in den US-Markt fixiert. Flixbus ist allerdings ein deutsches Unternehmen. Dort sieht man die Lage deutlich entspannter und registriert eher Chancen als Risken. Es würde nicht schaden, würde diese Einstellung auch bei uns ein bisschen mehr Verbreitung finden.