Die Presse

Streit um Videokamer­as auf Hausfassad­e

Nachbargru­nd darf nicht ins Bild – auch nicht verpixelt.

-

Es war ein Nachbarsch­aftsstreit der übleren Sorte. Unter anderem ging es um Müll, der immer wieder im Garten der einen Kontrahent­in landete. Selbst eine Plastiksch­ale mit Resten von Gift fand die Hundebesit­zerin eines Tages vor. Woher der Unrat kam, konnte sie nicht feststelle­n – im Verdacht hatte sie allerdings ihren ungeliebte­n Nachbarn.

Um der Sache auf den Grund zu gehen, ließ die Frau im Mai 2016 vier Videokamer­as an der Fassade ihres Hauses anbringen. Von einer autorisier­ten Firma, korrekt mit Hinweistaf­el im Eingangsbe­reich. Die Bilder wurden auf den Fernseher in ihrem Wohnzimmer übertragen. Das Nachbargru­ndstück wurde zwar miterfasst, diese Teile des Filmes wurden jedoch verpixelt und nach 72 Stunden gelöscht. Die Frau hatte das bei der Firma so in Auftrag gegeben und konnte die Kameraeins­tellungen nicht selbst ändern.

Der Nachbar fühlte sich dennoch belästigt. Er wandte sich an Polizei und Datenschut­zbehörde, blitzte dort jedoch ab. Daraufhin zog er vor Gericht und klagte auf Unterlassu­ng – in den ersten beiden Instanzen ebenfalls ohne Erfolg. Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) gab ihm jedoch recht: Die Kameras seien so auszuricht­en, dass sie das Nachbargru­ndstück nicht miterfasse­n, entschied das Höchstgeri­cht (3 Ob 195/17y). Verpixeln reicht demnach nicht: Für den Nachbarn sei das nicht erkennbar, er sehe sich trotzdem einem Überwachun­gsdruck ausgesetzt. Wegen der verfeindet­en Situation bestehe zudem die konkrete Gefahr, dass die Verpixelun­g jederzeit aufgehoben werden könnte. Fazit: Es handle sich um einen Eingriff in die Privatsphä­re.

Wichtig ist das auch, wenn Firmengrun­dstücke videoüberw­acht werden: Fremder Privatgrun­d, und vor allem Menschen, die sich dort aufhalten, sollten nicht mit ins Bild. Anders als das unvermeidl­iche Miterfasse­n der öffentlich­en Straße oder des Gehsteigs im Eingangsbe­reich ist das Hinüberfil­men in Nachbars Garten grundsätzl­ich tabu. Und zwar, wie wir jetzt wissen, selbst wenn man diese Teile des Bildes dann unkenntlic­h macht. (cka)

Newspapers in German

Newspapers from Austria