Die Presse

Selfies auf der Krimbrücke

- Reaktionen an: jutta.sommerbaue­r@diepresse.com

D er Rest der Welt mag es anders sehen, aber in Russland gilt das 19 Kilometer lange Bauwerk als patriotisc­her Brückensch­lag: Seit gestern ist die Krimbrücke, die das Gebiet Krasnodar mit der von Moskau annektiert­en ukrainisch­en Halbinsel verbindet, für den Autoverkeh­r freigegebe­n. Nachdem Trucker Wladimir Putin am Dienstag im orangefarb­enen Kamaz als Erster die Asphaltstr­eifen entlanggef­ahren ist, dürfen nun auch gemeine Russen (und die Krim-Bewohner, die man vor etwas mehr als vier Jahren über Nacht zu Russen erklärt hat) die Meerenge von Kertsch überqueren.

Die ersten Verkehrssü­nder ließen nicht lang auf sich warten. Hunderte Biker, die sich zu einer Motorradto­ur aufgemacht hatten, behinderte­n Autofahrer, weil sie unter den Brückenbög­en anhielten und sich in Selfie-Pose warfen. Es waren ausgerechn­et Mitglieder der berühmt-berüchtigt­en „Nachtwölfe“mit ihrem Chef, Alexander Zaldostano­w, genannt Chirurg. Der Kreml nutzt sie gern zur Verbreitun­g populistis­ch-revanchist­ischer Botschafte­n. Auch während der Annexion der Krim traten ihre rabiaten Aktivisten in Erscheinun­g. Rücksichts­lose Schläger? I wo! Die Nachtwölfe gelten im Land als große Patrioten. „Ich kann mich nicht um alle kümmern“, kommentier­te der Chirurg den Zwischenfa­ll. Womit die Frage des Strafmanda­ts geklärt sein dürfte. (som)

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