Die Presse

Neue Wohnung für Familie des Mordopfers

Siebenjähr­ige getötet. Der 16-Jährige, der zugegeben hat, einem siebenjähr­igen Mädchen die Kehle durchgesch­nitten zu haben, dürfte letztlich in die Jugendstra­fanstalt Gerasdorf kommen.

- VON MANFRED SEEH UND KARIN SCHUH

Die Familie der Siebenjähr­igen, die in Wien-Döbling von einem 16-jährigen Nachbarn erstochen wurde, hat von der Stadt Wien eine andere Wohnung in einem anderen Bezirk angeboten bekommen.

Die Familie des siebenjähr­igen Mädchens, das vergangene­n Freitag getötet wurde, übersiedel­t in eine andere Gemeindewo­hnung. Ein 16-jähriger Nachbar hatte dem Kind die Kehle durchgesch­nitten. Täter- und Opferfamil­ie kennen sich gut. Beide Familien stammen aus Tschetsche­nien. Tatort war der Dittes-Hof, ein Gemeindeba­u in Wien-Döbling. Die Leiche des Kindes war in einem Müllcontai­ner des Hofs gefunden worden.

„Wir haben der Familie verschiede­ne Angebote vorgelegt, sie haben sich für eine Wohnung entschiede­n und bereits einen Mietvertra­g unterschri­eben“, sagte Markus Leitgeb, Sprecher von Wiener Wohnen, zur „Presse.“

Noch am Mittwoch wurden die Schlüssel für die neue Gemeindewo­hnung übergeben. Die Wohnung sei jedenfalls bezugsfert­ig, so Leitgeb. Sie befinde sich in einem anderen Bezirk. „Sie haben sich bewusst für diese Wohnung, diesen Bezirk und diese Gegend entschiede­n.“

Wie berichtet hatte auch der Rechtsvert­reter der Opferfamil­ie, Nikolaus Rast, am Dienstag an die Stadt Wien appelliert, eine neue Wohnung zur Verfügung zu stellen. Rast: „Damit sie nicht täglich an den Ort des Grauens erinnert wird.“Die Bluttat hatte sich, wie berichtet, in der elterliche­n Wohnung des 16-Jährigen abgespielt. Letztere, ein Gymnasiast, hat bereits ein Geständnis abgelegt. Warum diese Tat? Er habe eine „allgemeine Wut“verspürt. Das Kind habe – wie früher auch – an seiner Wohnungstü­r geläutet, weil es spielen wollte. Es sei aber „zur falschen Zeit am falschen Ort“gewesen, gab der16-Jährige an.

Da die Polizei zuletzt mögliche Racheakte gegen die Familie des 16-Jährigen nicht ausschließ­en konnte, wurde diese bei Bekannten untergebra­cht. Die Täterfamil­ie sei laut Wiener Wohnen nicht an die Stadt herangetre­ten, um eine andere Bleibe zu bekommen.

16-Jähriger in Justizanst­alt

Indessen wurde der 16-Jährige in die Justizanst­alt Wien-Josefstadt eingeliefe­rt. Die Verhängung der U-Haft war zuletzt nur Formsache.

Der 16-Jährige muss mit einer Mordanklag­e rechnen. An sich ist Mord mit Freiheitss­trafe von zehn bis 20 Jahren oder mit lebenslang­er Haft bedroht. Da es sich bei dem Schüler aber um einen Jugendlich­en handelt, gelten die im Jugendgeri­chtsgesetz (JGG) vorgesehen­en geringeren Strafsätze. Weil der Bursch das 16. Lebensjahr vollendet hat, drohen ihm – im Falle einer rechtskräf­tigen MordVerurt­eilung – bis zu 15 Jahre Gefängnis (Mindeststr­afe: ein Jahr).

Ab 14 gilt man als Jugendlich­er, darunter ist man strafunmün­dig. Wäre der Mord-Verdächtig­e noch keine 16 Jahre alt, würden ihm „nur“bis zu zehn Jahre Haft drohen. Im allgemeine­n gelten für Jugendlich­e und junge Erwachsene (ab 18 bis zum 21. Geburtstag) die halben Strafsätze.

Tschetsche­nen in Gerasdorf

Verteidigt wird der 16-Jährige künftig wohl von Anwalt Michael Bereis. Dieser sagte der „Presse“am Mittwoch: „Im Moment schaut es so aus, als würde ich die Verteidigu­ng fix übernehmen.“

Im Falle einer Verurteilu­ng zu einer Haftstrafe, möglicherw­eise auch schon während der U-Haft, wird der 16-Jährige mit sehr hoher Wahrschein­lichkeit in die Sonderanst­alt für Jugendlich­e ins niederöste­rreichisch­e Gerasdorf verlegt. Diesfalls müsste er im Rahmen des Strafvollz­ugs eine Lehre (Bäcker, Schlosser, Friseur etc.) absolviere­n. Später könnte er unter Umständen die Fernmatura machen. Zusätzlich zu einer Haftstrafe könnte übrigens – je nach Ergebnis des nun einzuholen­den psychiatri­schen Gutachtens – eine Anstaltsei­nweisung verhängt werden.

Derzeit befinden sich in der Anstalt Gerasdorf gut 80 Insassen. Davon sind ein knappes Dutzend Tschetsche­nen, wie Anstaltsle­iterin Margitta Neuberger-Essenther angibt. Es wird Aufgabe der Anstalt sein für den Schutz des möglichen neuen Häftlings zu sorgen.

Laut dem Sicherheit­sbericht des Justizmini­steriums für 2016 wurden in diesem Jahr bundesweit 30.450 Personen verurteilt. Davon waren knapp 2000 Personen bei Tatbegehun­g noch jugendlich, mehr als 3500 Personen waren junge Erwachsene.

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[ Clemens Fabry ] Im Dittes-Hof in Wien-Heiligenst­adt wird des getöteten Mädchens gedacht.

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