Das Rennen der Verteidiger
Mordverdacht. Der 16-Jährige, der zugab, eine Siebenjährige getötet zu haben, war (und ist) für so manchen Anwalt als Klient interessant.
Wer verteidigt einen 16-jährigen Jugendlichen, der unter dringendem Mordverdacht steht – einen Jugendlichen, der bereits zugegeben hat, einem siebenjährigem Nachbarskind die Kehle durchgeschnitten zu haben? Aktuell tut dies (wie „Die Presse“in ihrer Onlineausgabe berichtete) die Anwältin Liane Hirschbrich. Doch es war ein knappes Rennen, auch andere Interessenten waren eng an der (Straf-)Sache dran.
Mittlerweile wurde über den 16-jährigen K. die U-Haft verhängt. Wegen Flucht-, Wiederholungsund Verdunklungsgefahr. Mit dem U-Richter wollte K. über seine Bluttat nicht reden. Das Verbrechen war vorige Woche im DittesHof, einem Gemeindebau in WienHeiligenstadt, verübt worden. Mit Hirschbrich hat der Jugendliche aber mittlerweile gesprochen.
Motivrätsel ungelöst
Das Tatmotiv bleibt rätselhaft: Der 16-Jährige – seine Familie stammt ebenso wie die des Opfers aus Tschetschenien – hat die Siebenjährige mit einem Küchenmesser in der elterlichen Wohnung getötet. Ob die Tat quasi aus heiterem Himmel kam, wird derzeit untersucht. Laut „Kronen Zeitung“habe K. im Gymnasium Maria Regina, der Döblinger Schule, die der Bursch besuchte, eine Woche vor der Tat angekündigt, er werde ein Mädchen umbringen. Dabei soll er ein Messer dabeigehabt haben.
Zurück zur Auswahl der Verteidigung in diesem sehr medienträchtigen Fall: Zunächst hatte alles darauf hingedeutet, dass der schon lang „im Geschäft“befindliche Wiener Anwalt Michael Bereis das Rennen macht. Der „Presse“sagte Bereis bereits am Mittwoch: „Im Moment schaut es so aus, als würde ich die Verteidigung fix übernehmen.“
Daraus wurde nichts. Liane Hirschbrich war schneller. Sie hatte sich für das sogenannte Halbgesperre der Justizanstalt Wien-Josefstadt (gesicherte Vorführzone) eine Sprechkarte besorgt, der 16-jährige K. wurde ihr vorgeführt und unterschrieb postwendend eine Vertretungsvollmacht. Später ernannten auch die – inzwischen bei Freunden untergebrachten – Eltern des Täters Hirschbrich zu ihrer Rechtsvertreterin.
Davor hatte ein Verteidigerduo erwogen, für K. einzutreten: Die Anwältin Astrid Wagner, die sich mit Büchern über den als Serienprostituiertenmörder verurteilten Jack Unterweger (er beging gleich nach dem Spruch der Geschworenen Suizid) einen Namen gemacht hatte, und der Anwalt Wolfgang Blaschitz. Letzterer war für viele Beobachter die logische Wahl. Der Wiener Advokat genießt in der tschetschenischen Community einen guten Ruf. Blaschitz hat bereits mehrere TschetschenienFlüchtlinge vertreten, die als Mitglieder der Terrormiliz Islamischer Staat vor Gericht standen.
Gutachter des Amokfahrers
Wie auch immer: Hirschbrich hatte die Nase vorn. Indessen hat die Staatsanwaltschaft Wien den in Graz tätigen Psychiater Peter Hofmann als Gutachter bestellt – und damit bewusst niemanden aus dem prominenten Kreis derjenigen, die sich medial zu dem Fall geäußert haben. Von der „Presse“mit dieser Gutachterauswahl konfrontiert sagt Hirschbrich: „Ich halte ihn für einen ausgezeichneten Spezialisten.“Zum Fall selbst wollte sie vorerst nichts sagen.
Hirschbrich war die Anwältin des Amokfahrers von Graz, Alen R. Damals war auch Hofmann als Gutachter am Werk. Er hatte R. als nicht zurechnungsfähig eingestuft. Die Geschworenen folgten Hofmann aber nicht. Und verhängten lebenslange Haft verbunden mit einer Anstaltseinweisung.