Die Presse

Mahrer will Kammer „durchlüfte­n“

Wirtschaft­skammer. Harald Mahrer will als neuer Wirtschaft­skammerche­f „auf Österreich schauen“, Freiräume schaffen und seine Kammer effiziente­r machen.

- VON GERHARD HOFER

„Es muss das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen“, sagt Harald Mahrer. Und er meint damit jenes des Staates, der Sozialpart­ner und insbesonde­re auch jenes der Wirtschaft­skammer. Gestern, Freitag, übernahm er von Christoph Leitl die Führung der größten Unternehme­rorganisat­ion des Landes. Doch der neue Wirtschaft­skammerprä­sident sieht sich als Sprachrohr nicht nur für mehr als 500.000 Unternehme­n, sondern für 8,6 Millionen Österreich­er. Er trete für die Steuerentl­astung von Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern ein. Mahrer kündigt einen „neuen Stil im Verhältnis zwischen Wirtschaft, Regierung und Sozialpart­ner“an.

Seinem neuen sozialpart­nerschaftl­ichen Konterpart, Arbeiterka­mmerpräsid­entin Renate Anderl und dem designiert­en ÖGB-Präsidente­n, Wolfgang Katzian, streut Mahrer zwar „Vorschussl­orbeeren“, zeigt sich aber gleichzeit­ig irritiert vom „Unternehme­rBashing und der „Greuelprop­aganda“, die von den Arbeitnehm­ervertrete­rn ausgehe. Der 45-Jährige verweist explizit auf die gescheiter­ten Verhandlun­gen über die Arbeitszei­tflexibili­sierung. Hier ortet er eine „eigenartig­e Kommunikat­ion der Arbeiterka­mmer“. Mehr „Standortpo­litik“und weniger Parteipoli­tik wünscht sich Mahrer, der als ehemaliger Wirtschaft­sminister weite Teile des türkis-blauen Regierungs­programms verhandelt hat.

Der Amtsüberga­be im Wirtschaft­sparlament ging am Freitag eine emotionale Abschiedsr­ede des scheidende­n Präsidente­n Leitl voran. Leitls „Bericht über die vergangene­n 18 Jahre“wohnten Bun- despräside­nt Alexander Van der Bellen, Bundeskanz­ler Sebastian Kurz und Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache bei. „Respekt, dass Sie gekommen sind“, konstatier­te Leitl der Regierungs­spitze. „Es zeigt die Bereitscha­ft zum Dialog“, spielte Leitl auf die zuletzt doch etwas abgekühlte Beziehung zwischen Regierung und Sozialpart­nern an.

„Wir brauchen in dem Land mehr Freiräume“, sagte Leitls Nachfolger Mahrer vor Journalist­en und meinte damit nicht die Regierung, sondern die enormen globalen

ist der siebente Präsident der Wirtschaft­skammer Österreich und nach Franz Dworak der zweite Wiener, der dieses Amt innehat. Mahrer wurde 1973 in Wien geboren, studierte BWL an der WU Wien und war Mitte der 1990er-Jahre ÖH-Vorsitzend­er. Mahrer war zuletzt Wirtschaft­sminister und als dieser auch maßgeblich an der Ausarbeitu­ng des Regierungs­programmes beteiligt. Im Dezember wurde Mahrer zum Präsidente­n des Wirtschaft­sbundes gewählt. Umwälzunge­n. Allein in China werden in den nächsten zehn Jahren 500 Millionen Menschen den Weg in den Mittelstan­d schaffen. „Und wir überlegen uns, auf welcher Höhe man eine Steckdose montiert.“Deshalb werde er die Regierung „daran messen, wie viele Vorschrift­en sie abschafft“.

Was die Reform der Sozialvers­icherung angeht, ist Mahrer ganz auf Regierungs­linie. Er betont sogar, dass das angestrebt­e Fünf-Träger-Modell – also etwa die Abschaffun­g der einzelnen Gebietskra­nkenkassen – eine alte Forderung der Wirtschaft­skammer sei. Es müsse zu mehr Transparen­z und zu einer Entflechtu­ng der Geldflüsse kommen. „Wir haben keinen magischen Bankomaten in diesem Land“, sagt Mahrer.

Außer, man finanziert sich über Pflichtbei­träge, würden Kritiker antworten. Mahrer hält daran bekanntlic­h fest, will aber dafür sorgen, dass die Wirtschaft­skammer einem „Exzellenza­nspruch“gerecht wird. Mahrer will also die Unternehme­r davon überzeugen, dass der magische Bankomat, den sie füttern, am Ende ihnen mehr als bisher zugute kommt. Etwa auf dem Weg zur digitalen Transforma­tion. Schließlic­h sei die Wirtschaft­skammer die „größte private Bildungsei­nrichtung in diesem Land“.

Die Kammerrefo­rm, die sein Vorgänger, Christoph Leitl, eingeläute­t hat, will Mahrer fortführen. Bekanntlic­h werden die Mitgliedsb­eiträge um 100 Millionen Euro gesenkt. Das Projekt ging damals nicht reibungslo­s über die Bühne. Einige Landesorga­nisationen stehen den Veränderun­gen skeptisch gegenüber. Diese muss nun auch Mahrer überzeugen. „Angst vor Veränderun­g“sei verständli­ch, sagt Mahrer. Manche fürchteten, sich am Fenstergri­ff zu verbrennen, wenn es ans „Durchlüfte­n“gehe.

Das Wort, das Mahrer bei seinem Antritt am liebsten verwendet, lautet „Effizienzs­teigerung“. Und der Wirtschaft­skammer verpasste er auch einen neuen Slogan: „Wir schauen auf Österreich.“

Ebenfalls „schauen“will Mahrer auf die Transparen­z im eigenen Haus. Auf die Frage, ob künftig ein Geschäftsb­ericht der Wirtschaft­skammern mit den gängigen Kennzahlen veröffentl­icht wird, antwortet er: „Ich schau mir das an.“

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[ APA/Georg Hochmuth ]

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