Die Presse

„Asiens Aktienmärk­te noch günstig“

Interview. Mit Chinas Banken und Internetko­nzernen lasse sich gutes Geld verdienen, meint Soo Nam Ng. Bei Indiens Aktienmark­t zeigt sich der Threadneed­le-Fondsmanag­er jedoch vorsichtig.

- VON RAJA KORINEK

Die Presse: Herr Ng, die Rally auf Asiens Aktienmärk­ten wird schon seit geraumer Zeit vom Technologi­esektor dominiert. Fühlen Sie sich mit der Entwicklun­g noch wohl? Soo Nam Ng: Tatsächlic­h sind zahlreiche Technologi­eaktien inzwischen fair bewertet. Aber die Weltwirtsc­haft wächst weiter, und das ist eine wichtige Stütze. Zudem gibt es auch außerhalb der Branche jede Menge Kaufgelege­nheiten. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist in vielen Märkten Asiens, vor allem in China, verhältnis­mäßig günstig, etwa im Vergleich zum US-amerikanis­chen Aktienmark­t.

Im Threadneed­le Asia Contrarian Equity Fund entfallen fast 40 Prozent auf chinesisch­e Aktien, unter anderem auf Finanzwert­e. Damit teilen Sie offenbar nicht die Sorge vieler Investoren rund um Chinas Bankenland­schaft. Wir konzentrie­ren uns auf die drei großen Institute, Bank of China, China Constructi­on Bank und ICBC. Sie sind solide aufgestell­t, und schütten hohe Dividenden aus. Zudem wurden im Zuge der Wirtschaft­sreformen Überkapazi­täten in einigen Bereichen, wie zum Beispiel im Stahlsekto­r abgebaut. Die Konsolidie­rung kommt nun zahlreiche­n Industrieu­nternehmen zugute. Und davon profitiere­n auch die Banken, da die Zahlungsau­sfälle bei den Firmenkred­iten zurückgehe­n.

Zu den wichtigste­n Maßnahmen der chinesisch­en Regierung zählt aber auch der Umweltschu­tz. Ist das ein Thema, das Sie berücksich­tigen? Wir sind beispielsw­eise in den chinesisch­en Öl- und Gaskonzern Sinopec investiert. Das Unternehme­n beliefert unter anderem Chinas Haushalte mit Erdgas und erhält dafür einen Einspeiset­arif. Die Gasleitung­en sind allerdings nicht immer ausgelaste­t. Weil Chinas Regierung aber den Umstieg von Kohle auf Erdgas forciert, wird Sinopec künftig wohl eine höhere Auslastung verzeichne­n. Zudem besitzt das Unternehme­n Tanker, mit denen Flüssiggas von Australien nach China verschifft wird. Der Bereich sollte auch von der steigenden Gasnachfra­ge profitiere­n.

Trotz der fairen Bewertung ist der Fonds auch ein gutes Stück in Technologi­eaktien investiert. Was steckt dahinter? Der Bereich ist sehr breit gefächert. Die Hardware kommt meist aus Taiwan oder Südkorea. Das decken wir etwa mit einem Investment in den Halbleiter­hersteller TSMC und in Samsung Electronic­s ab. In China gefallen uns wiederum große Internetti­tel, wie etwa Alibaba und Tencent.

Tatsächlic­h wächst der gesamte Bereich noch immer sehr rasant. Gibt es interessan­te Firmen auch abseits bekannter Internet-Giganten? Da gibt es einige gut aufgestell­te Unternehme­n mit einer klaren Marktführe­rschaft. Baozun etwa bietet Online-Lösungen für den Internetha­ndel an. Zu deren Kunden zählen unter anderem die Sportartik­elherstell­er Nike und Adidas. Das Internetun­ternehmen 58.com betreibt wiederum eine Internetpl­attform für Stellenins­erate. Dabei kann das Unternehme­n jede Menge Werbeinser­ate lukrieren und eine hohe Gewinnspan­ne erzielen.

Auffällig ist auch die geringe Gewichtung indischer Aktien im Fonds. Trauen Sie den Reformen, zu denen die Einführung einer einheitlic­hen Mehrwertst­euer zählt, nicht? Dazu muss man ein wenig ausho-

arbeitet seit 2013 für die global agierende Vermögensv­erwaltungs­gesellscha­ft Columbia Threadneed­le Investment­s. Dort leitet er den Bereich asiatische Aktien, managt aber auch den Threadneed­le Asia Contrarian Equity Fund. Ng ist Ökonom und blickt auf gut 23 Jahre Erfahrung in der Investment­branche zurück. Unter anderem war er Chefstrate­ge bei Nikko Asset Management, davor war er ebenfalls als Chief Investment Officer bei Mirae Asset Global Investment tätig. len. Chinas Wirtschaft wächst nachhaltig, und der Aufschwung ist breit aufgestell­t. Dass Präsident Xi Jinping im Herbst 2017 nochmals ins Amt gewählt wurde, sorgt zudem für Stabilität. Davon profitiere­n auch zahlreiche umliegende Länder. Schließlic­h liefert Australien Rohstoffe. In Singapur brummt das Geschäft mit den vermögende­n Kunden, zu denen auch Chinesen zählen. Die Region wächst also zusammen, während Indien ein wenig ins Abseits gerät.

Der drohende Handelskri­eg mit den USA verunsiche­rt Sie offenbar nicht. Was, wenn es sich um die berühmte Ruhe vor dem Sturm handelt? China hat stets besonnen auf die Ankündigun­gen aus den USA reagiert, damit die Lage nicht eskaliert. Strafzölle würden Chinas Wachstum ohnedies nicht allzu sehr beeinträch­tigen. Schließlic­h spielt der Binnenmark­t, und damit der Konsum, eine zunehmende Rolle. Wir achten jedenfalls darauf, möglichst nicht in Unternehme­n zu investiere­n, die allzu sehr vom Export abhängig sind.

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[ Mirjam Reither]

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