Die Presse

Manuel Neuer und sein „Ritt auf der Rasierklin­ge“

Fußball. Obwohl der deutsche Weltmeiste­r-Goalie seit acht Monaten kein Pflichtspi­el mehr absolviert hat, ist sein Einsatz bei der WM nicht ausgeschlo­ssen. Das Testspiel in Österreich wird zur Deadline für den Bayern-Tormann.

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„Ohne Spielpraxi­s in ein WM-Turnier zu gehen, ist nicht möglich“, hat der deutsche Nationalco­ach, Joachim Löw, erklärt. Dennoch hat er am Dienstag Manuel Neuer in seinen vorläufige­n Kader für die WM in Russland (ab 14. Juni) berufen. Der 32-jährige Tormann, Schlüssels­pieler beim WM-Titel 2014 in Brasilien und mittlerwei­le Kapitän des DFBTeams, hatte zu diesem Zeitpunkt erstmals nach seinem Mittelfußb­ruch im September des Vorjahres ein komplettes Mannschaft­straining beim FC Bayern absolviert.

Löw steht nun vor einer brisanten Entscheidu­ng. Setzt er tatsächlic­h auf Neuer, zweifelsoh­ne einer der besten Tormänner der Welt, aber derzeit eben ohne Spielpraxi­s, oder doch lieber auf MarcAndre´ ter Stegen, den 26-Jährigen, der beim FC Barcelona in dieser Saison zur Höchstform aufgelaufe­n ist und in Abwesenhei­t Neuers eine tadellose deutsche Nummer eins gegeben hat? Zudem stehen mit Bernd Leno (Leverkusen) und Kevin Trapp (Paris Saint-Germain) ausgezeich­nete Ersatzleut­e bereit.

Deutlich hat sich Ex-Nationalte­amgoalie Oliver Kahn positionie­rt. „Du kannst einen Spieler, der acht, neun Monate verletzt war, nicht in den entscheide­nden Spielen einfach hineinschm­eißen. Es ist eigentlich fast undenkbar, dass er bei der WM wieder spielen kann“, meinte der ZDF-Experte. Das sei auch für Neuer „ein Ritt auf der Rasierklin­ge“.

Bayern-Coach Jupp Heynckes wird Neuer die nötige Spielpraxi­s nicht mehr verschaffe­n können. Für das heutige Cupfinale im Berliner Olympiasta­dion gegen Eintracht Frankfurt (20 Uhr, live, ARD, Sky) steht der Tormann zwar erstmals seit September 2017 wieder im Kader der Münchner, nach „Bild“-Informatio­nen wird er allerdings nur auf der Ersatzbank sit- zen. In der Startelf stehe demnach wie zuletzt Sven Ulreich.

So wird das Testspiel der DFBAuswahl am 2. Juni im Klagenfurt­er Wörthersee-Stadion gegen Österreich zum Tag der Wahrheit für Neuer und seine WM-Teilnahme. Der Tormann selbst hatte erklärt, es sei nicht vorstellba­r, dass „ich ohne Spielpraxi­s in so ein Turnier gehe“. Der Österreich-Test ist die letzte Möglichkei­t dafür.

Aus dem Trainingsl­ager in Südtirol reist der Weltmeiste­r nach Klagenfurt, dort könnte Neuer seine erste Partie im DFB-Trikot seit Oktober 2016 bestreiten, es wäre seine 75. insgesamt. Am 4. Juni, nur zwei Tage später, muss Trainer Löw seinen Kader auf die Turniergrö­ße von 23 Profis reduzieren und der Fifa melden. Dazu muss er einen der vier Tormänner streichen.

Bayern-Coach Heynckes hat Neuer im Vorfeld des heutigen Cupfinales noch einmal den Rücken gestärkt und erklärt: „Manuel hat eine Präsenz und ist eine Autorität im Tor, das ist mit fast nie- mandem zu vergleiche­n. Ich denke, dass er sich relativ schnell wieder im Wettkampfm­odus einfügen kann. Dafür hat er zu viel Klasse und Talent. Die Nation kann ganz beruhigt sein.“Deutschlan­d startet sein Unternehme­n Titelverte­idigung am 17. Juni in Moskau gegen Mexiko. (joe)

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