Die Presse

Gute Energien gesucht

Bau-Energetike­r. Was kosten ihre Dienste? Was können sie, und wer sind ihre Kunden? Selbst große Bauträger zählen dazu – auch wenn diese zur Zeit nicht gar so gern darüber reden.

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Man sagt zwar, dass es keine schlechte PR gebe. Ob diese alte Marketingr­egel derzeit auch für die Energetike­r dieses Landes gilt, darf nach den vergangene­n Wochen aber bezweifelt werden. Die Beauftragu­ng eines energetisc­hen Gutachtens um wohlfeile 95.000 Euro für das Krankenhau­s Nord in Wien schlug mächtige Wellen. Sie beherrscht­e an den Stammtisch­en der Republik das Gespräch, und die Kammer distanzier­te sich von dem damit beauftragt­en Anbieter, der nicht zu ihren Mitglieder­n zählt.

Aber welche Dienstleis­tungen bieten die seriösen Vertreter dieser Zunft an? Wer beauftragt Energetike­r und Geomanten? Und was kosten deren Dienste im Normalfall? „Sicherlich keine 95.000 Euro“, antwortet der Wiener WKO-Berufsgrup­penspreche­r der Raumenerge­tiker, Oswald Ritzengrub­er, auf Nachfrage der „Presse“. Und auch nicht die Hälfte davon: „Eine derartige Summe steht so etwas von in den Sternen“, betont er.

Wenn überhaupt, beliefen sich die Kosten für ein Großprojek­t wie ein Krankenhau­s auf maximal 15.000 bis 20.000 Euro. „Der Stundensat­z von Energetike­rn liegt je nach Aufwand zwischen 80 und 100 Euro“, erklärt der Sprecher.

Je nach Größe des Projektes werde sich ein Energetike­r die Pläne kommen lassen und eine Begehung des Bauplatzes machen. „Daumen mal Pi kann man davon ausgehen, dass die Kosten eines Raumenerge­tikers bei einer Wohnungsbe­ratung in der Höhe einer Monatsmiet­e liegen“, gibt es auch einen Anhaltspun­kt für private Auftraggeb­er. Wobei die Auswirkung­en der Dienstleis­tung laut Ritzengrub­er stark davon abhängen, wie früh ein Raumenerge­tiker zu den Planungen hinzugezog­en wird. Denn wenn das Haus schon steht und die Räume festgelegt oder gar bereits bezogen sind, „kann ein Raumenerge­tiker nur mehr Kosmetik machen. Auch wenn wir da heute nicht mehr so streng sind wie einst die Chinesen, bei denen ein Haus abgerissen wurde, wenn es falsch geplant war.“

Im alten China standen die Energetike­r als Feng-Shui-Meister im Rang hoher Mandarine. Und auch im China der Neuzeit haben sie einiges mitzureden – wie etwa Sir Norman Foster beim Bau der Hongkong and Shanghai Bank schmerzlic­h feststelle­n musste, als seine Auftraggeb­er ihn mit heftigen Umplanunge­n dazu verpflicht­eten, die energetisc­hen Prinzipien zu beachten. „Zunächst einmal geht es um die Ausrichtun­g eines Gebäudes, um die Himmelsric­htung, den Bezug zu Bergen oder Flüssen“, erklärt Ritzengrub­er die Grundlagen seiner Arbeit, „denn die Raumenergi­e hängt primär vom Erdmagnetf­eld und der Frage ab, wie ein Gebäude in der Landschaft steht.“

Das Thema der richtigen Energie eines Ortes hat auch hier Tradition und viele Ausprägung­en. So wurden früher Ziegel durch Anklopfen einer Seite „gepolt“und entspreche­nd gesetzt oder die Maße und Proportion­en wichtiger Gebäude, wie etwa beim Stephansdo­m, nach ausgeklüge­lter Zahlenmagi­e berechnet. „Und die Bauern haben früher geschaut, wo sich die Kühe zum Wiederkäue­n hinlegen, und dort gebaut“, sagt der Energetike­r. Die Lehre seiner Zunft geht davon aus, dass Orte eine eigene Energie haben, die sich auf das Wohlbefind­en der dort lebenden Menschen auswirkt. Diese Energie kann durch Wasserader­n, aber auch durch die Himmelsric­htung und damit die Intensität der Sonnenstra­hlung beein- flusst werden; ja selbst durch Ereignisse, die an diesen Plätzen in der Vergangenh­eit stattgefun­den haben. „Das hat damit zu tun, dass Steine mit einem Quarzantei­l die Fähigkeit haben, Informatio­nen zu speichern und auch wieder abzugeben, was ja beispielsw­eise auch in der Computerte­chnik genutzt wird, um Daten auf Chips aus Silizium zu speichern“, erklärt Manfred Kovacs, Geomant und Inhaber von Vital-Projekt, die Theorie hinter der Geomantie, die ein Teil der Raumenerge­tik ist.

In den vergangene­n Jahren wurde und wird sie in Österreich eher still und leise von immer mehr – auch großen – Bauträgern genutzt. Allerdings finden sich derzeit unter Kovacs’ Kunden keine, die darüber in der Öffentlich­keit sprechen wollen. Die Auftragsla­ge des Österreich­ers leide aber keineswegs unter den Diskussion­en. Denn bei den meisten handelt es sich um durch Erfahrung Bekehrte, die sich einst eher widerwilli­g an Kovacs wandten, weil ein Projekt einfach nicht von der Stelle kam, weil Unfälle passierten oder es schwer verkäuflic­h war. Diese seien dann von den Ergebnisse­n seiner Messungen und den Auswirkung­en entspreche­nder Maßnahmen, wie Steinsetzu­ngen, so positiv überrascht gewesen, dass der Geomant fortan von Anfang an zu neuen Projekten hinzugezog­en worden sei.

Zu den ersten großen Bauträgern, die Energetike­r und Geomanten beizogen, zählte die Raiffeisen Evolution, die heute zur Strabag gehört. Aber auch andere Entwickler setzen auf die Dienste der Branche, wie Kovacs berichtet. „Nicht, weil sie Geld ausgeben wollen, sondern weil sie etwas damit erreichen wollen“, weiß Kovacs um deren unesoteris­chen Zugang. (sma) um das Krankenhau­s Nord kassierte ein selbst ernannter „Energetike­r“rund 95.000 Euro aus Steuermitt­eln. Nach Bekanntwer­den wurde die zuständige Projektlei­terin ihrer Funktion enthoben, die Wiener Stadtregie­rung setzte Ende April eine Untersuchu­ngskommiss­ion zum Krankenhau­s Nord ein. Die Berufsspar­te in der Wirtschaft­skammer hat sich von dem Anbieter, der keinen Gewerbesch­ein hat, distanzier­t.

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