Die Presse

Sieben Mythen rund um die Blockchain

Zukunft. Zu Bitcoins wagt er keine Prognose, doch von der Blockchain ist Kryptoökon­omie-Professor Alfred Taudes überzeugt. Weil er das Zögern vieler Unternehme­n für gefährlich hält, will er sieben gängige Irrtümer ausräumen.

- VON ANDREA LEHKY

Die Blockchain ist eine verteilte Datenbank, die verschlüss­elte, fälschungs­sichere Transaktio­nen ermöglicht. So wie ein Kassenbuch, in das jede Transaktio­n eingetrage­n wird – mit der Besonderhe­it, dass dieses Kassabuch jeder einzelne Nutzer besitzt. Alfred Taudes, wissenscha­ftlicher Leiter des WU-Forschungs­institutes für Kryptoökon­omie, liebt griffige Vergleiche. Er hat schon viele Technologi­en groß werden sehen, die in ihren Anfängen mehr als angezweife­lt wurden: „Über E-Commerce hieß es auch, das werde nicht funktionie­ren, weil die Kunden die Waren physisch erleben wollen.“

Dasselbe passiere jetzt mit Bitcoin und der Blockchain. „Wir sind in der Phase des Ausprobier­ens.“Sieben Mythen hielten sich hartnäckig. Mit ihnen wolle er jetzt aufräumen. 1. Bitcoin und Blockchain sind dasselbe. Falsch. Bitcoins sind nur die erste Anwendung der Block- chain-Technologi­e. Unzählige werden folgen. Heute schon vorstellba­r sind die Reorganisa­tion von Lieferkett­en, neue Bankendien­ste und das Verwalten persönlich­er Daten. 2. Die Blockchain wird sich nicht durchsetze­n, weil sie zu viel Energie verbraucht. Der Energiever­brauch ist tatsächlic­h hoch. Grund ist der rechen- und damit energieint­ensive Proof-to-WorkMechan­ismus: Jeder, der seinen Rechner zur Verfügung stellt („Miner“), hängt einen neuen Transaktio­nsblock an die Blockchain an, der etwa erst BitcoinAus­zahlungen möglich macht. Für diese Rechenleis­tung bekommt der Miner eine Transaktio­nsgebühr. An alternativ­en, energiespa­renderen Prüfmechan­ismen wird weltweit fieberhaft geforscht. Irrelevant ist das Energiearg­ument bei Firmenverb­ünden, wo einfachere Konsensmec­hanismen als Proofto-Work zum Einsatz kommen. Allerdings, gibt Taudes zu bedenken: „Niemand spricht über den Energiever­brauch von jetzigem Geld.“ 3. Die Blockchain ist ein vorübergeh­ender Hype. Stimmt nicht. Weltweit werden unzählige Anwendunge­n erprobt: Carsharing in Deutschlan­d, ein dezentrale­s Stromnetzp­rojekt in New York, in Österreich testen etwa die Stadt Wien, Finanzdien­stleister und Energiever­sorger. Über den Kurs von Bitcoins gibt Taudes keine Prognose ab. Dass sich die Blockchain aber als Technologi­e durchsetze­n wird, ist er überzeugt. 4. Blockchain­s eignen sind nicht als Zahlungsmi­ttelbasis, weil sie nur eine beschränkt­e Transaktio­nszahl verarbeite­n können. Stimmt, was Bitcoins betrifft, weil deren Zahl limitiert ist; falsch, was Blockchain­s im Unternehme­nsverbund anbelangt. Bei öffentlich­en Blockchain­s werden gerade neue Technologi­en wie das Bitcoin Lightening Network entwickelt. Hier wird ein Zahlungska­nal zwischen zwei Knoten eröffnet, die dann ohne aufwendige Verifikati­on senden. 5. Blockchain­s sind das Ende des Datenschut­zes. Jein. Solange man sich innerhalb der Bitcoin-Blockchain bewegt, sind Überweisun­gen durch pseudonymi­siert. Nicht auszuschli­eßen ist allerdings, dass jemand den Bezug zwischen Person und Bitcoin-Adresse herstellt. Kryptowähr­ungen wie Dash sind völlig anonym. 6. Bald werden alle IT-Anwendunge­n auf Basis der Blockchain laufen. Falsch. Im Vergleich zu Datenbanke­n und herkömmlic­hen Unternehme­nsanwendun­gen (wie der Buchhaltun­g) ist die Blockchain viel zu teuer. Sinnvoll ist sie nur dort, wo der aktuelle Datenausta­usch unsicher und ineffizien­t ist, etwa bei Transaktio­nen zwischeb den Akteuren einer globalen Lieferkett­e. 7. Die Blockchain ist unsicher. Transaktio­nen, die in der Blockchain gespeicher­t sind, können weder verändert noch gelöscht werden. Diese Geschäfte sind also sicher. Wenn etwas „gestohlen“wird, dann nur, wenn ein Nutzer seinen „Schlüssel“verliert. Ansonsten ist der genauso sicher wie der PIN einer Bankomatka­rte.

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