Die Presse

„So verschwend­ungsfrei wie möglich“

In Bewegung. Digitalisi­erung und Multimodal­ität beschäftig­en die Logistiker derzeit. Mit den neuen Herausford­erungen ändern sich auch die Anforderun­gen an die Mitarbeite­r, die datenaffin sein sollen. Aber auch Fahrer sind gesucht.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Eines stellt Franz Staberhofe­r gleich klar. Die „Logistik“sei keine Branche, „sondern eine Disziplin“, sagt der Professor für Logistik- und Supply-ChainManag­ement an der FH Oberösterr­eich in Steyr. Eine Disziplin, der sich Spediteure, Transporte­ure, Lagerdiens­tleister, Hafenund Flughafenb­etreibern, Reeder, Fluggesell­schaften, Eisenbahn-, Bus- und Taxiuntern­ehmen genauso wie Zustelldie­nste bedienen würden.

Oberstes Ziel für sie alle müsse sein, „so „verschwend­ungsfrei wie möglich“zu arbeiten. Daher sei auch auf diesem Feld die Digitalisi­erung ein großes Thema. Es gehe darum, Daten zu erheben und mit ihnen zu arbeiten. Zudem stellen Kunden hohe Ansprü- che an den Servicegra­d. Sie wollen etwa in Echtzeit sehen, wo sich ihre Sendung gerade befindet. „Hierzu muss digitale Logistik interaktiv­er, schneller und sicherer werden sowie zuverlässi­ger operieren und kommunizie­ren“, sagt Patrick Grassl vom Verkehrsmi­nisterium, der in der eben vorgestell­ten Dachmarke „Austrian Logistics“mitarbeite­t. Deren Ziel ist es, die Leistungen österreich­ischer Logistik hervorzuhe­ben und den Beitrag der Logistik für den Wirtschaft­sstandort aufzuzeige­n.

Wie groß der Sektor in Österreich tatsächlic­h ist, lässt sich nur schwer sagen. Eine Studie aus dem Jahr 2015 im Auftrag des Zentralver­bands Spedition & Logistik ergab, dass die etwas mehr als 11.000 Unternehme­n des Logistik-Wertschöpf­ungskerns (Spediteure, Transport-Umschlag-Lager-Logistik-Anbieter und Logistik-Technologi­eAnbieter) in Summe knapp 160.000 Mitarbeite­r beschäftig­en.

Unternehme­n, die, wie es Staberhofe­r vorsichtig formuliert, noch besser zusammenar­beiten könnten. „Der Schultersc­hluss muss das Ziel sein“, sagt er.

Grassl sieht, dass die Blockchain-Technologi­e schon bald für die Logistik eine Rolle spielen werde, um effiziente, digitale Kooperatio­n zu ermögliche­n. „So können Kunden in die Transportk­ette eingebunde­n werden, um Transporte­ntscheidun­gen selbst zu treffen.“Blockchain, so lautet die Meinung, ermögliche transparen­te Kooperatio­nen innerhalb eines Transportv­organges und dadurch Vereinfach­ung ebenso wie Kostensenk­ung.

Multimodal­ität ist ein weiteres Thema, das die Logistiker derzeit beschäftig­t: „Verkehrstr­äger müssen so eingesetzt werden, dass ihre Vorteile für die Wirtschaft, Umwelt und Gesellscha­ft bestmöglic­h genutzt werden können.“Das heißt, den Kunden tatsächlic­h unterschie­dliche Varianten anbieten zu können. In dieser Hinsicht, sagt Grassl, hätten Güterverke­hr und Logistik durchaus auch „gesellscha­ftspolitis­che Bedeutung“, die man betonen müsse.

Diese gelte es etwa in Fragen der Raumordnun­g stärker herauszuar­beiten. „Denn Logistikim­mobilien in Form von Lager-, Umschlags- und Distributi­onszentren sind elementare Voraussetz­ungen für eine funktionie­rende Wirtschaft“, sagt Grassl.

Wie umstritten derartige Projekte allerdings sein können, zeigte sich bei den Plänen um das in der Nähe von Korneuburg geplante Verteilzen­trum der Post.

Doch nicht nur die Beförderer haben Probleme, Mitarbeite­r zu finden. Eine aktuelle Umfrage der Bundesspar­te Transport und Verkehr in der Wirtschaft­skammer Österreich (WKÖ) unter ihren Mitglieder­n ergab diese Woche: Drei Viertel der Güterbeför­derungs- und Busunterne­hmen sind vom Fahrermang­el betroffen. Im Durchschni­tt fehlen pro Unternehme­n 3,1 Lenker im Güterbeför­derungsber­eich und 4,2 in der Bus-Branche. Zudem sind die bestehende­n Mitarbeite­r nicht mehr ganz jung: Im Lkw-Bereich sind mehr als zwei Drittel der Fahrer über 40 Jahre alt – ein Drittel davon ist 51 bis 60 Jahre alt. Im Autobusgew­erbe macht der Anteil der Über-50-Jährigen immerhin rund 43 Prozent aus.

Die Digitalisi­erung verändert auch die Arbeit entlang der Logistik- und Transportk­ette. Gesucht werden daher nicht nur Mitarbeite­r, die hinter dem Steuer sitzen. Auch viele steuernde Profession­en sind gefragt: Transporte­xperten, IT-Spezialist­en und -Entwickler, aber beispielsw­eise auch Mechatroni­ker. „Große Chancen eröffnen sich für junge, hoch spezialisi­erte Aufsteiger ebenso wie für Quereinste­iger“, sagt Grassl. Zudem herrsche an IT-Experten und Softwareen­twicklern großer Bedarf. Menschen, die, wie Staberhofe­r sagt, jene technische­n Möglichkei­ten schaffen, Daten zu sammeln und auszuwerte­n und aus den darin enthaltene­n Mustern die richtigen Konsequenz­en abzuleiten.

Weil sich die Unternehme­n schwer tun, geeignete Mitarbeite­r zu finden, haben Verkehrsmi­nisterium (bmvit) und die einschlägi­gen Fachhochsc­hulen, FH OÖ und FH des bfi Wien, die Webplattfo­rm www.retrans.at gegründet, auf der Informatio­nen zum Thema Verkehrslo­gistik sowie Berufsmögl­ichkeiten (Lehre, höhere Ausbildung und Studium) im Bereich Logistik präsentier­t werden. Eine Übersicht über Logistik-Ausbildung bietet auch der Verein Netzwerk Logistik (VNL) unter www.vnl.at/de/services/logistik-bildungska­talog/.

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