Einer, der uns sanftmütig g’scheiter macht
Der Wiener Musikwissenschaftler und Verleger Herbert Vogg, ein wahrer Freund der Komponisten, feierte jüngst seinen 90. Geburtstag. Verleger, Librettist und humorvoller Animator.
Bei ihm muss man auf der Hut sein. Er kann sein Gegenüber auf die Probe stellen, indem er es mit einer Geschichte konfrontiert, die tatsächlich so gewesen sein könnte; und nur, wenn man’s anders weiß, widerspricht man ihm lachend – tut man’s nicht, lässt er sich verschmitzt nix anmerken. Wie oft ich ihm in die Falle gegangen bin, weiß ich nicht. Es darf mir jedesmal eine Ehre gewesen sein. Wie im Übrigen jedes Gespräch mit ihm; ich erinnere mich an keines, das nicht ungemein bereichernd gewesen wäre.
Denn Herbert Vogg, der so bescheiden auftritt, ist ein Füllhorn an kulturhistorischem, nicht nur musikalischem Hintergrundwissen. Das hat er sich als begeisterter Musikfreund auf dem Stehplatz noch in der alten Oper am Ring, vor allem aber in der legendären Ära des Ausgedinges im Theater an der Wien, im Musikverein, im Konzerthaus – und natürlich auch anlässlich seiner Studien an der Wiener Universität erworben.
Und an diesem Wissen hat er über die Jahre und Jahrzehnte hin mit spürbarer Freude seine Zeitgenossen teilhaben lassen.
Von Herbert Vogg haben daher viele profitiert, sogar bedeutende Kulturschaffende wie etwa der Komponist Egon Wellesz, der mit seinem Verlagsleiter einen regen Briefwechsel geführt hat, der zum Lesenswertesten zählt, das dieses Genre nach den Dialogen von Richard Strauss mit seinen Librettisten hervorgebracht hat.
Wie der Doblinger-Chef den im Exil lebenden Komponisten dazu animiert, überhaupt Symphonien zu schreiben, wie er ihm in Momenten des Selbstzweifels als kundiger Ratgeber mit psychologischem Einfühlungsvermögen hilft, persönliche und kompositionstechnische Hürden zu nehmen, das ist ein Musterbeispiel für effektive und gleichzeitig unaufdringlich angewandte Kompetenz.
Voggs Weitblick hat das Wiener Traditionshaus Doblinger von einem nicht erfolglosen, aber gar nicht originellen Operettenvermarkter wieder zum international geachteten Verlag gemacht, der nicht nur, wie sich das für einen ambitionierten Verlag gehört, Neue Musik herausgebracht, sondern auch alte wieder spielbar gemacht hat: Die verdienstvolle Reihe „Diletto musicale“geht wie vieles andere auf Voggs Initiative zurück.
Und dann sind da noch, apropos Profiteure, die Texte, die er als sensibler und belesener Librettist für zahlreiche seiner Komponisten verfasst hat. Auch sie erweisen ihn als Meister des musikalischen wie des theatralischen Handwerks – und des zum Aufbau der nötigen dramatischen Spannung unabdingbaren Einfühlungsvermögens. Dieser Tage feierte Herbert Vogg seinen 90. Geburtstag. Der Schlange an dankbaren Gratulanten dürfte kein Ende sein . . .