Wie bei Zugewanderten der Antisemitismus floriert
Wenn Narrative von Migranten auf die heimische Erinnerungskultur treffen: Persönliche Erlebnisse mit Neuankömmlingen.
Die multikulturelle Gesellschaft bedeutet auch vielfältige Narrative. In Österreich fokussiert man auf die Bearbeitung der eigenen Geschichte und übersieht dabei, wie sich Teile der Zugewanderten in ihren alternativen Geschichtsinterpretationen gegenseitig bestärken. Dabei artikulieren viele Neuankömmlinge ihren Antisemitismus ganz offen. Das zu ignorieren, heizt Rassismen aller Art an.
Wer, wenn nicht wir, die wir selber einen Migrationshintergrund haben, sollten über divergierende politische Sichtweisen reden. Ohne Hetze, aber mit wenig Tabus. So macht es nicht nur der Autor Ahmad Mansour. Religion ist ein Faktor. Geschichte und Politik sind wahrscheinlich wichtiger.
Zuletzt las man wieder viel über den wachsenden Antisemitismus in Europa. Eine internationale Konferenz tagte in Wien. Laut Experten kommt der wieder auffla- ckernde Antisemitismus aus der Mitte der Gesellschaft. Laut deutschem Verfassungsschutz wurden 90 Prozent der antisemitischen Straftaten von Rechtsextremen begangen. Bei 62 Prozent der Vorfälle ist der ideologische Hintergrund nicht erkennbar, so der österreichische Antisemitismus-Bericht.
Es gibt jedenfalls seit Jahren eine wachsende Anzahl aggressiver Theorien über Juden, die im Internet Verbreitung finden. Urheber sind oft Migranten aus dem Süden und dem Osten. Ich kenne das persönlich, weil ich seit Jahren in multikulturellen Umgebungen arbeite. Bisher kaum thematisiert wird der starke Antisemitismus von Nichtmoslems – oft gepaart mit Sympathien für den Nationalsozialismus: „Adolf war ein gescheiter Typ. Er hat nicht genug getan“, sagte der 31-jährige Zlatko relativ laut in einem Kurs. Er ist einer von vielen, aus Osteuropa stammenden Zuwanderern, die vor solchen Aussagen auch öffentlich nicht zurückschrecken.
Hitlergruß und Hakenkreuzmalen sind bei Jugendlichen oft als Provokation gedacht. Trotzdem erlebte ich Derartiges in Wien seltener von „Einheimischen“. Und ja, die lautesten Kommentare kommen oft von weniger Gebildeten. Aber auch Akademiker aus Osteuropa oder Asien tendieren stärker zu Verschwörungstheorien.
So florieren in der Region der ehemaligen Sowjetunion die aberwitzigsten „Theorien“, die offen ausgesprochen werden. Eine solche typische „Theorie“lautet: Bei den Grünen gäbe es sicher viele Juden, sonst würden sie Österreich nicht so hart kritisieren. Kritisch eingestellte Personen werden nur zu leichtfertig verdächtigt, jüdisch zu sein.
Zu manchen der Theorien wurden Bücher verfasst. Das hat auch historische Gründe. Zu der Zeit, als jüdische Dissidenten Kritik an der UdSSR übten, blühten viele Theorien auf. Auch