Maduros Gegner fordern Neuwahlen
Venezuela. Massive Manipulationsvorwürfe begleiteten die umstrittene Abstimmung in dem krisengebeutelten Land. Die Wahlbeteiligung war geringer als offiziell angegeben.
Venezuelas Staatschef Nicolas´ Maduro ist im Amt bestätigt worden. Bei der umstrittenen Präsidentschaftswahl am Sonntag kam er nach Angaben des Wahlrats auf knapp 68 Prozent der Stimmen. Während Maduro von einem „historischen Rekord“sprach, erklärten seine Herausforderer die Abstimmung für ungültig und verlangten Neuwahlen. Das wichtigste Oppositionsbündnis hatte den Urnengang boykottiert.
Maduro landete laut offiziellem Ergebnis mit deutlichem Vorsprung vor seinen beiden Rivalen. Auf den sozialistischen Staatschef entfielen 67,7 Prozent der Stimmen, wie der Wahlrat (CNE) nach Auszählung fast aller Stimmzettel mitteilte. Sein Herausforderer Henri Falcon kam demnach auf 21,2 Prozent. Der evangelikale Prediger Javier Bertucci landete mit rund elf Prozent der Stimmen abgeschlagen auf Platz drei.
Mit großer Mehrheit wählten die Venezolaner den Mann, der das Land in den Abgrund regiert hat. 67,7 Prozent der am Pfingstsonntag abgegebenen Stimmen seien auf Nicolas´ Maduro entfallen; die offizielle Wahlbeteiligung habe bei 48 Prozent gelegen – das teilte die Direktorin der Wahlbehörde CNE, Tibisay Lucena, mit. Ihr Name steht seit dem letzten Jahr wegen systematischer Manipulationen zugunsten der regierenden Chavisten auf einer schwarzen Liste der US-Regierung.
Genau solche Manipulationen hätten sich nun erneut zugetragen, klagte Maduros wichtigster Gegenkandidat, der Ex-Militär und vormalige Chavist Henri Falcon,´ dem 21 Prozent der Stimmanteile zugeschrieben wurden. Seine in sämtlichen Stimmbezirken präsenten Wahlhelfer sammelten am Sonntag nicht weniger als 142.589 Beschwerden über Unregelmäßigkeiten ein. Zudem seien 91.732 Vertreter Falcons´ in den Wahllokalen von Regierungsanhängern bedroht worden. Vor und manchmal gar in den Stimmlokalen hatten die Chavistas sogenannte rote Punkte errichtet, an denen sich Wähler registrieren und Nahrungs- sowie offenbar auch Geldgeschenke entgegennehmen konnten. Derartige Praktiken widersprechen eklatant der Verfassung, was die Wahlbehörde jedoch in keinem Fall irritiert hat.
„Dieser Wahl fehlt jegliche Legitimität, darum erkennen wir das Ergebnis nicht an“, erklärte Falcon´ nach dem Urnengang und forderte Neuwahlen im Herbst. Damit liegt Falco´n erstmals seit Monaten auf einer Linie mit den über 20 Parteien in dem Oppositionsbündnis Breite Front, das diesen Urnengang von vornherein boykottiert hat. Maduro hat die Wahl vorgezogen, nachdem er erkannt hat, wie tief die von persönlichen Eitelkeiten geschwächte Allianz zerstritten ist. Nun fragen sich viele: Können die obszönen Manipulationen die Regierungsgegner wieder einen?
Emissäre der Opposition registrierten am Sonntag eine deutlich niedrigere Wahlbeteiligung als offiziell angegeben. Früher hatten die Menschen stundenlang Schlange vor den Stimmlokalen gestanden, doch dieses Mal waren kaum Menschenmengen zu beobachten. Das belegten ausgerechnet jene Kameras, die den Präsidenten bei der Stimmabgabe begleiteten. Maduro verließ sein Wahllokal winkend und grüßend, doch der – wohl unbeabsichtigtste – Gegenschuss der offiziellen Livebilder zeigte, dass der Platz, dem Maduro zugejubelt hatte, völlig leer war. Auf höchstens 30 Prozent schätzen die Regierungsgegner die Teilnahme.
Nachdem sich schon im Vorfeld massive Manipulationen abgezeichnet hatten, kündigten bereits die Europäische Union, die Vereinigten Staaten sowie weitere amerikanische Regierungen an, das Ergebnis der Präsidentenwahl nicht anzuerkennen.
Maduro hatte es mehrfach zum Ziel erklärt, auf mehr als zehn Millionen Stimmen zu bekommen. Nun schrieb ihm die Wahlbehörde 5.823.700 Voten zu. Selbst, wenn diese Zahl der Wahrheit entspräche, repräsentierte sie nicht mehr als 29 Prozent der gesamten Wählerschaft.
Am Wahlabend manifestierte er gleichwohl keinen Funken von Zweifel: „Heute, an diesem historischen Tag des Vaterlandes, triumphierten der Frieden und die Demokratie!“, rief Maduro vom Balkon des Regierungspalasts Miraflores. Der Präsident, unter dessen Amtsführung es den Kranken seines Landes an 80 Prozent aller benötigten Arzneien mangelt und der seinem Volk eine Hungerdiät aufzwingt, hat gejubelt: „Gemeinsam mit unserem Volk feiern wir diesen Neuanfang, um unser Vaterland dem definitiven Wohlstand entgegenzuführen.“
Was das politisch bedeuten dürfte? Auch wenn Maduro in seiner Ansprache zu einem „nationalen Dialog“sämtlicher Kräfte des Landes aufgerufen hat, erwarten die meisten professionellen Beobachter, dass Maduro sowie das zwischen 20.000 und 40.000 Mann starke kubanische Agentennetz in Venezuela und auch die parasitären Militärs die Zügel straffer anziehen werden.
Kolumbiens Präsident, Juan Manuel Santos, gab in den letzten Wochen mehrfach Erkenntnisse der Geheimdienste seines Lan- des weiter. Demzufolge plant Venezuelas im vorigen Jahr eingesetzte Verfassungsgebende Versammlung ein neues Grundgesetz nach kubanischem Vorbild. Dort tritt einmal im Jahr der Nationalkongress zusammen, um sämtliche Regierungsvorgaben kollektiv abzusegnen.
Auf die Warnungen des Friedensnobelpreisträgers reagierte Nicolas´ Maduro, der vor seinem Sprung ins Präsidentenamt gut sechs Jahre Chefdiplomat seines Landes war, mit seiner ganz persönlichen Note: „Santos ist ein Volltrottel! Er und seine Oligarchie sollen sich zum Teufel scheren.“