Die Presse

„Luft-100er“: Tempolimit soll für Elektroaut­os fallen

Autobahn. Anfang 2019 sollen die für die Luftreinha­ltung verhängten Tempolimit­s für Elektroaut­os fallen, will die Umweltschu­tzminister­in.

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Der Autofahrer glaubte, mit seiner Beschwerde gute Chancen zu haben: Anfang 2016 war er auf der Westautoba­hn bei Linz mit 115 km/h ins Radar gefahren – mit einem Elektroaut­o. Das Tempolimit von 100 km/h galt in diesem Abschnitt aber nur zur Luftreinha­ltung (IG-L, Immissions­schutzgese­tz Luft). Weil sein Elektroaut­o keine Abgase ausstößt, müsste also das Tempolimit folgericht­ig für ihn nicht gelten.

Pech gehabt: Seine Beschwerde wurde abgelehnt, der Verfassung­sgerichtsh­of hatte schon 2011 entschiede­n, dass das Tempolimit auch für abgasfreie Elektroaut­os gilt (die Richter argumentie­rten, dass unterschie­dliche Limits den Verkehrsfl­uss und die Verkehrssi­cherheit beeinträch­tigten).

Ab kommendem Jahr aber sollen E-Autos beim sogenannte­n Luft-100er mit 130 km/h auf der Überholspu­r an allen Fahrzeugen mit Verbrennun­gsmotor vorbeiraus­chen: Nachhaltig­keitsminis­terin Elisabeth Köstinger (ÖVP) kündigte gestern an, dass elektrisch betriebene Fahrzeuge von IG-LuftTempol­imits generell ausgenomme­n sein sollen.

„Alle E-Autos, die über das grüne Kennzeiche­n (ein optional erhältlich­es Kennzeiche­n für elektrisch angetriebe­ne Fahrzeuge, Anm.) identifizi­erbar sind, sollen künftig von Geschwindi­gkeitsbe- grenzungen gemäß IG-Luft ausgenomme­n werden“, erklärte Köstinger in einer Aussendung.

Sie wolle noch heuer die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen schaffen, damit die Länder, die letztendli­ch für die Maßnahmen gemäß IG-Luft zuständig sind, die Möglichkei­t hätten, diese Ausnahmen umzusetzen. Die Neuregelun­g könnte im Idealfall bereits Anfang 2019 in Kraft treten.

Ein Sprecher der Ministerin erklärte, dass man jetzt mit den Ländern sprechen werde. Eigentlich könnte das Ministeriu­m die Ausnahme verordnen, weil das IG-L ein Bundesgese­tz ist. Man wolle aber im Dialog mit den Bundesländ­ern zu einer Lösung kommen. Ziel sei jedenfalls, österreich­weit eine einheitlic­he Vorschrift zu schaffen – und diese soll eben E-Autos vom Tempolimit ausnehmen.

In der Aussendung erklärte die Ministerin die Maßnahme mit der Attraktivi­tätssteige­rung von Elektrofah­rzeugen. „Mit dieser Maßnahme wollen wir ein starkes Zeichen für die Unterstütz­ung von sauberer Mobilität setzen.“Die Ausnahme der E-Pkw beim IGLuft-Hunderter soll einer von vielen Anreizen zum Umstieg auf die umweltfreu­ndlichen Autos sein.

Aktuell gelten auf etwa 300 Autobahnki­lometern Geschwindi­g- keitsbegre­nzungen von 100 bzw. in Salzburg auch von 80 km/h. Sie werden dann verhängt, wenn bestimmte Grenzwerte überschrit­ten werden. Daher können Strafen wegen Übertretun­g des Tempolimit­s höher ausfallen, laut IG-L sind bis zu 2180 Euro möglich. In der Praxis beschränke­n sich die Länder aber auf die Strafrahme­n für Geschwindi­gkeitsüber­tretungen.

Derzeit gibt es beispielsw­eise einen Abschnitt von 21 Kilometern auf der A1 zwischen Enns und Haid, auf der A2 gilt zeitweise Tempo 100 für 33 Kilometer zwischen Sinabelkir­chen und Graz. In Tirol gilt auf der Inntalauto­bahn (A12) von Kufstein bis Zirl (88 Kilometer) ein Limit von 100 km/h.

Die Ausnahme wäre eine weitere Maßnahme, um Elektroaut­os attraktive­r zu machen. In vielen Gemeinden und Städten in Österreich könnten E-Autos bereits kostenlos parken oder sogar die Busspur verwenden.

In Österreich waren laut Statistik Austria mit Ende 2017 exakt 14.618 Pkw mit elektrisch­em Antrieb auf den Straßen unterwegs. Allein im vergangene­n Jahr wurden 5433 E-Autos neu zugelassen. Ein wesentlich­er Grund dafür dürfte die Prämie in Höhe von 4000 Euro sein, die die Regierung gewährt. (rie)

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