Vegas, Baby! Das Eishockey-Wunder aus der Wüste
NHL. Die Vegas Golden Knights stehen im Finale um den Stanley Cup. Dabei existierte die Mannschaft aus Nevada im Sommer noch gar nicht. Nach einem tragischen Saisonauftakt kennt der Hype mittlerweile keine Grenzen mehr.
Über 350 Partien in der nordamerikanischen NHL hat der Villacher Michael Raffl in den Beinen. Was er aber in dieser Saison mit seinen Philadelphia Flyers gegen die Vegas Golden Knights erlebte, hat bleibenden Eindruck hinterlassen. „Es war erschreckend, wie gut die sind. Die sind wirklich Titelanwärter, wenn nicht sogar Favorit. Sie spielen unglaubliches Hockey“, meinte Raffl.
Auch Superstar Alexander Owetschkin staunte über die Stimmung in der T-Mobile Arena am Las Vegas Strip. „Es ist wie in einem Nachtklub, wie eine große Party. Jeder tanzt. Sie sind sehr, sehr schwer zu bezwingen.“Der Russe spielt heute mit seinen Washington Capitals bei Tampa Bay Lightning die Entscheidungspartie um den Einzug ins Stanley-CupFinale (Donnerstag, 2 Uhr Mesz, live dazn). Die Vegas Golden Knights warten dort bereits, und das gegen jede Regel.
Denn das 31. NHL-Team existierte im vergangenen Sommer noch gar nicht. General-Manager George McPhee und Trainer Gerard Gallant wählten im Expansion Draft vor Saisonbeginn von jedem der 30 NHL-Klubs einen Spieler aus. Keine Stars, die waren blockiert, sondern Profis aus der zweiten oder dritten Reihe. Sinnbild ist Goalie Marc-Andre´ Fleury, der in Pittsburgh aussortiert wurde und in Las Vegas nun wieder aufblüht.
Der Liga wird so vor Augen geführt, welche Talente und Weltklasse-Spieler in den Klubs unter dem Radar fliegen. Denn die zusammengewürfelte Truppe der Golden Knights marschierte durch den Grunddurchgang (51 Siege in 82 Spielen), zog als erstes Expansionsteam überhaupt in die Playoffs ein und verabschiedeten dort im Halbfinale die Winnipeg Jets. Dabei galt bisher eine Grundregel für Expansionsteams: Der Neuling muss erst ein paar Jahre als Schießbude herhalten bis sich Talente und Stars anlocken lassen.
Ein Grund für den Erfolg hat allerdings auch mit einer Tragödie zu tun. Am 1. Oktober 2017 erschoss ein US-Amerikaner aus einem Hotelzimmer in Las Vegas 58 Menschen (die Trikotnummer 58 haben die Knights gesperrt) und verletzte knapp 850 Personen. Die Profis spendeten 300.000 US-Dollar an die Hinterbliebenen und be- suchten Krankenhäuser. „Das brachte uns alle auf eine gemeinsame, persönliche Ebene“, erklärte Deryk Engelland, einer von gleich sechs Mannschaftskapitänen.
Fünf Tage nach dem Attentat starteten die Golden Knights ihre erste NHL-Saison mit einem 2:1-Sieg in Dallas. Ab 28. Mai bestreite das Team aus der Wüste Nevadas nun das Finale um den Stanley Cup (Best of seven). (joe)