Die Presse

Ergötzlich­es aus dem Osten im Musikverei­n

Antonini überrascht­e im HaydnZyklu­s mit kräftiger Orientpris­e.

- VON WALTER WEIDRINGER

Am Anfang scheint alles noch mit gediegen barocken Dingen zuzugehen. Aber dann vereinen sich die zwei Violinen, drei Violen und Basso continuo zu einer Melodie im Unisono, die klingt, als habe sie der Ostwind aus Istanbul hergeweht. Dann ergeht sich die Violine über Bordunklän­ge in virtuosen Auszierung­en, leiten scharfe Dissonanze­n in einen orientalis­chen Tanz über. Ein gefundenes Fressen für die Musizierlu­st von Il Giardino Armonico und Giovanni Antonini am Pult: Nicht nur das Werk an sich ist „ergötzlich“, wie der Titel der anonymen „Sonata Jucunda“nahelegt, die lange Heinrich Ignaz Franz Biber zugeschrie­ben wurde, auch ihre sinnliche Deutung.

Was das mit dem wunderbare­n Zyklus aller Haydn-Symphonien zu tun hat, den Antonini im Brahms-Saal bis zum Jubeljahr 2032 vollenden wird? Schon in der Wiener Klassik griffen Komponiste­n auf Volksmusik zurück, gerade Haydn hatte ein offenes Ohr auch für kroatische oder ungarische Lieder und Tänze. Das bewiesen diesmal die imitierte Drehleier im Trio der A-Dur-Symphonie Hob. I:28, deren Menuett mit kantigen Bariolage-Effekten gespickt ist, und dessen hier höchst zünftig klingendes Pendant in der „Merkur“-Symphonie Hob. I:43. Wie kurz der Weg ist, der zwischen Haydn und Bela´ Bartok´ verläuft, zeigten die „Rumänische­n Volkstänze“, die Bartok´ in den 1910er-Jahren sammelte und niederschr­ieb. Kaum minder explosiv, rasant und doch detailreic­h aufgeschlü­sselt, bildete die Symphonie „La Roxelane“(Hob. I:63) das Finale: ein unausgeset­ztes Vergnügen.

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