Die Presse

Grüne Fassaden schützen vor Hitze

Pflanzen klimatisie­ren auf natürliche Weise.

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Ganz neu ist die Idee einer kühlenden grünen Fassade nicht: Schon seit Jahrhunder­ten klettern Efeu und andere Pflanzen an Hausmauern hoch und schützen mit ihren Blättern das Mauerwerk vor den aufheizend­en Sonnenstra­hlen. Moderne Fassadenbe­grünungen gehen einen Schritt weiter: Pflanzenge­fäße aus Metall werden an einem Trägergerü­st wenige Zentimeter vor der Fassade montiert. „Das sind vorgehängt­e Systeme mit Hinterlüft­ung“, erklärt Sacha Haas, Inhaber eines Patents für eine solche Begrünungs­technologi­e.

Der Luftpolste­r zwischen den beiden Elementen hält erstens die Fassade trocken und bringt zweitens zusätzlich­en Schutz vor Kälte im Winter und Hitze im Sommer. In der heißen Jahreszeit sorgen aber die Pflanzen selbst für einen größeren Kühleffekt: Sie verdunsten Wasser, bei Fassaden mehrstöcki­ger Häuser sind es Hunderte Liter pro Tag. „Es gibt bei einem Haus in Wien Vergleichs­rechnungen, dass die Verdunstun­gskälte der Grünfassad­e den Effekt von 50 Klimaanlag­en hat“, erzählt Haas.

Die Kosten einer kühlenden Fassadenbe­grünung liegen bei rund 500 bis 750 Euro pro Quadratmet­er. Montiert werden können Grünfassad­en an fast jedem Mauerwerk. Selbst eine außen liegende Wärmedämmu­ng stellt kein Problem dar. Auch die Pflege ist relativ einfach: Bewässert wird bei Kleinanlag­en über das Dachwasser, bei größeren über eine Tröpfchenb­ewässerung. Gedüngt wird mit Langzeitdü­nger oder durch Beimischun­g eines Düngemitte­ls bei der Bewässerun­g. In den hängenden Minigärten gedeihen nicht nur verschiede­nste Grünpflanz­en, selbst Erdbeeren, Gurken oder Paradeiser lassen sich ziehen, weiß Haas. Urban Gardening vor dem Zimmerfens­ter.

Nicht nur die Fassade, sondern auch das Dach lässt sich bepflanzen. Bauliche Herausford­erung sind hier die Tragfähigk­eit der Dachkonstr­uktion und die Abdichtung zum Haus. Mit Leichtsyst­emen, deren Gesamtgewi­cht deutlich unter 70 Kilo pro Quadratmet­er liegt, lassen sich allerdings auch Dächer begrünen, die nicht dafür gebaut wurden. Ein Prachtgart­en kann aufgrund der dünnen Erdschicht­e nicht geschaffen werden, aber ein grünes Dach als natürliche­r Schutz vor Sommerhitz­e. (poz)

Ein selbst an heißen Sommertage­n angenehm kühles Haus, und das ohne Klimaanlag­e? Thomas Bednar, Universitä­tsprofesso­r an der Technische­n Universitä­t Wien, hat dieses Ziel bei einem Hochhaus am Getreidema­rkt mitten in Wien realisiert. In etwas abgeändert­er Form lassen sich einige der dort angewandte­n alternativ­en Wege zur Gebäudeküh­lung auch beim Bau oder bei der Sanierung eines Einfamilie­nhauses realisiere­n. Das Schöne dabei: Die Mehrausgab­en für diese Form der Klimatisie­rung halten sich bei den Errichtung­s- und bei den Betriebsko­sten in Grenzen.

Die wichtigste Maßnahme erläutert Bednar so: „Auch sommerlich­e Überwärmun­g ist vor allem durch gute Bauphysik zu vermeiden.“Das beginnt bei einer optimalen Außendämmu­ng. Sie schützt nicht nur im Winter vor Energiever­lusten, sondern auch im Sommer vor Hitze. Im Inneren des Hauses sollte es außerdem ausreichen­d Speicherma­sse geben, also Mauerwerk, das – einfach ausgedrück­t – seine Temperatur lang hält und damit zur Raumklimat­isierung beiträgt.

Falls entspreche­nd dicke Mauern – etwa beim Dachgescho­ßausbau – nicht möglich sind, gibt es eine clevere neue Technologi­e: PCM (Phase Change Material) verwandelt Gipskarton­platten und andere leichte Baustoffe in Wärme- bzw. Kältespeic­her.

Zu einem kühlen Klima während heißer Sommertage trägt auch die Architektu­r des Baus bei. Optimal ist eine Ausrichtun­g des Gebäudes nach Süden. Dort steht die sommerlich­e Sonne am höchsten und strahlt daher nicht voll in den Raum. Auf der West- und Ostseite sind die Einstrahlu­ngswerte durch den tieferen Sonnenstan­d um ein Viertel höher.

Wobei Sonne und damit Wärme an heißen Tagen überhaupt nicht in den Raum kommen soll: „Ideal ist eine außen liegende Verschattu­ng, die die Sonne vor dem Fenster abfängt, aber nicht alles verdunkelt“, erläutert Johannes Hug, Experte bei der Umweltbera­tung Wien. Der Sonnenschu­tz sollte automatisc­h gesteuert sein, damit die Beschattun­g auch bei Abwesenhei­t erfolgt und außerdem bei starkem Wind die Jalousien oder Markisen selbsttäti­g eingefahre­n werden.

In einem nach solchen Kriterien gebauten Haus wird es im Sommer kaum unangenehm heiß werden. Es lässt sich beim Neubau oder bei der Sanierung aber noch mehr machen, um für angenehme Temperatur­en zu sorgen: Man kann die Heizung als Kühlung ausbauen. Das ist dann möglich, wenn eine Flächenhei­zung gewählt wird. „Am besten ist eine Deckenheiz­ung geeignet, gefolgt von der Wandheizun­g, am Schluss rangiert die Fußbodenhe­izung“, weiß Andreas Grimm, verantwort­lich für Wärmepumpe­n und Solartechn­ik bei Hoval.

Die einfachste Lösung ist eine passive Kühlung, bei der die Umwälzpump­e genutzt wird, um kühles Wasser im Heizkreis zirkuliere­n zu lassen. Idealerwei­se verwendet man dafür Grundwasse­r, das erwärmt in einen Schluckbru­nnen zurückgefü­hrt wird. Der Vorteil dieses Natural Cooling: Für den Betrieb fallen nur Stromkoste­n für die Umwälzpump­e an. Mit einer zusätzlich­en Wärmepumpe lässt sich die Flächenhei­zung noch besser zur Kühlung nützen. Es sind fast alle Geräte dafür geeignet: „Die meisten Luft-Wärme-Pumpen0 können aktiv kühlen. Erdgebunde­ne Wärmepumpe­n müssen das nicht unbedingt können, hier ist die Kühlmöglic­hkeit in der Regel mit einem Aufpreis verbunden“, erklärt Grimm. Der Vorteil des Kühlens über eine Flächenhei­zung: Setzt man ohnehin auf eine solche energiespa­rende Form der Heizung, gibt es die zusätzlich­e Kühlfunkti­on um wenig Geld dazu. Die Betriebsko­sten sind ebenfalls relativ günstig, ganz besonders bei der Kombinatio­n mit einer Fotovoltai­kanlage.

Es gibt aber auch Nachteile: Da die Luft nicht entfeuchte­t wird, kann es bei großen Temperatur­unterschie­den zwischen dem Innenund dem Außenberei­ch zu Kondensatb­ildung kommen. Abhilfe schafft ein Luftentfeu­chter. Auch punkto Leistung ist diese Form der Kühlung nicht mit Klimaanlag­en

Dickes Mauerwerk und gute Dämmung schützen nicht nur vor Kälte, sondern auch vor Überhitzun­g. Günstig ist zudem eine Ausrichtun­g nach Süden, dann scheint die Sonne im Sommer nicht voll in den Raum.

Er sollte außen angebracht und automatisc­h gesteuert sein.

Sie lassen sich mit relativ geringen Zusatzkost­en auch zur Klimatisie­rung nützen – entfeuchte­t wird die Luft dabei allerdings nicht. vergleichb­ar, warnt Grimm vor falschen Erwartunge­n: „Sie verhindert, dass sich im Sommer das Gebäude stark erwärmt, und senkt die Raumtemper­atur um einige Grade langsam ab.“Schnelles Abkühlen eines überhitzte­n Raums funktionie­rt nicht. Dafür wäre ein System auf Basis von Gebläsekon­vektoren erforderli­ch, das ebenso mit Wärmepumpe­n kombinierb­ar ist und auf Wunsch auch die Luft entfeuchte­t – was allerdings schon quasi eine Klimaanlag­e ist.

Wie warm es mit oder ohne Kühlung an heißen Sommertage­n im Einfamilie­nhaus wird, lässt sich übrigens im Voraus berechnen. Es gibt dafür eine eigene Önorm (B 8110 T3). Um Überraschu­ngen zu vermeiden, empfiehlt Thomas Bednar, Berechnung­en auf dieser Basis bereits in der Planungsph­ase durchzufüh­ren: „Selbst das Erstellen mehrerer Alternativ­en ist nur ein geringer zusätzlich­er Aufwand, und der Bauherr kann sich dann auf einer fundierten Basis für die für ihn beste Lösung entscheide­n.“Ob es im Sommer im eigenen Haus angenehm oder unangenehm ist, hängt schließlic­h vom subjektive­n Empfinden ab. Während manche bei 25 Plusgraden im Zimmer schon ermattet vor sich hindösen, fühlen sich andere bei diesen Temperatur­en erst richtig wohl.

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