Was der starke Dollar bedeutet
Währungen. Viele Experten haben sich wieder einmal geirrt: Der Euro hat in den vergangenen Monaten im Vergleich zum Dollar verloren. Kaum ein Anleger kommt darum herum, sich Gedanken zum Wechselkurs zu machen.
Der Euro hat im Vergleich zum Dollar wieder verloren. Anleger müssen umdenken.
New York. Es ist erstaunlich, mit welcher Genauigkeit Experten beim Kurs zwischen Euro und Dollar so ziemlich das Gegenteil von dem vorhersagen, was schließlich passiert. Seit zwei Jahren ziehen sich die Prognosefehler wie ein roter Faden durch die Ökonomieabteilungen der Banken. Das zeigte sich wieder in den vergangenen Wochen. Nur wenige hatten eine derartige Aufwertung des Dollar im Vergleich zur europäischen Gemeinschaftswährung erwartet.
1,17 Dollar kostete ein Euro zuletzt, nachdem der Wechselkurs im Februar noch mehrmals die Marke von 1,25 überschritten hatte. Dabei sagte beispielsweise JP Morgan zu Jahresbeginn eine Aufwertung des Euro für 2018 voraus, ebenso wie die Bank of America. Wiewohl, und das sei fairerweise dazugesagt, beide für das erste Quartal eine vorübergehende Stärkung des Dollar prophezeiten. Nur: Das erste Jahresviertel ist längst vorbei, und den stärksten Anstieg verzeichnete der Greenback eben erst ab Mitte April.
Im Nachhinein ist man immer klüger, und die Gründe für den wieder erstarkten Dollar machen Sinn. In Europa geht die Sorge vor einer neuerlichen Krise um, nachdem die Eurokritiker in Italien das Ruder an sich gerissen haben. In den USA läuft die Konjunktur, und die Federal Reserve dürfte schon im Juni die Zinsen erneut anheben. Mittlerweile gehen mehr als 50 Prozent der Marktteilnehmer von vier Zinsschritten im heurigen Jahr aus, und höhere Zinsen stärken nun einmal laut Lehrbuch die Währung, weil mehr Geld in den Markt fließt.
Wie sich die Zeiten geändert haben. Anfang 2017 kostete ein Euro 1,05 Dollar, und viele Ökonomen sagten gar voraus, dass die Parität durchbrochen werde, der Dollar also weiter an Wert gewinnt. Es folgte ein gutes Jahr für die europäische Konjunktur, und die Augen der Investoren lagen auf der Europäischen Zentralbank und ihrem Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik. Entsprechend gewann der Euro an Wert, immerhin 15 Prozent im Jahr 2017.
Nullzins in Europa
Nun ist der skizzierte Exit der EZB noch immer nicht so richtig in Sicht. Wenn überhaupt, wird die Frankfurter Zentralbank frühestens im Herbst ihre Anleihekäufe beenden. Eine Abkehr der Nullzinspolitik könnte 2019 anstehen. Wobei eine italienische Krise auch diesen Plan schnell auf den Kopf stellen kann. Die internationalen Großinvestoren nehmen davon Kenntnis. Ent- sprechend überlegen sie im Moment zweimal, ob sie ihr Geld auf einen stärkeren Euro setzen.
Für den Kleinanleger tun sich mehrere Fragen auf. Zunächst sollten sie die Finger vom Währungshandel lassen. Das ist Glücksspiel. Wenn die Experten der Großbanken falsch liegen, wird auch der ungeübte Kleininvestor kaum mehr Erfolg haben. Ignorieren kann man den Wechselkurs trotzdem nicht. USPapiere sollten in keinem diversifizierten Portfolio fehlen. Entsprechend setzt es Wechselkursgewinne oder -verluste. Man kann entsprechend der Wechselkurserwartung mehr oder weniger Kapital am US-Markt anlegen, doch auch das ist Währungsspekulation. Ech- te Profis sichern sich mit Futures auf Währungen ab. Für viele Kleinanleger ist aber das langfristige Investment der beste Schutz. Ein Beispiel: Wer US-Staatsanleihen oder einen entsprechenden Indexfonds kauft und das Papier fünf Jahre oder länger hält, braucht sich über den Dollarkurs kaum den Kopf zu zerbrechen. Kein Mensch weiß, wie viel Dollar ein Euro in fünf oder zehn Jahren kauft. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass das Verhältnis nicht völlig unterschiedlich zu heute sein wird. Solange der Dollar nicht einbricht und Treasuries mit der entsprechenden Laufzeit drei Prozent an jährlicher Verzinsung abwerfen, wird über einen längeren Zeitraum ein – überschaubarer – Gewinn zu Buche stehen.
USA: Hohe Bewertungen
Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, auch USAktien zu kaufen, sofern man sich der recht hohen Bewertungen bewusst ist und bei kurzfristigen Anlagen das Wechselkursrisiko stets im Hinterkopf behält. Die europäische Alternative mag auch nicht die beste sein. Staatsanleihen werfen deutlich weniger ab, und am Aktienmarkt ist wegen Italien Vorsicht geboten.