Die Presse

Regierung erwägt Grenzschli­eßung

Migration. ÖVP und FPÖ warnen vor einem neuerliche­n Anstieg der illegalen Zuwanderun­g. Die Menschen kämen jetzt über Albanien und Slowenien. Notfalls wolle man die österreich­ische Grenze dichtmache­n.

- VON NORBERT RIEF Weitere Infos: www.diepresse.com/inland

Die Balkanrout­e war gestern, heute geht es um die Albanienro­ute: Das sei der neue Weg, auf dem Tausende Personen versuchten, illegal nach Österreich und Europa zu kommen, erklärten ÖVP und FPÖ am Sonntag im Rahmen der Regierungs­klausur in Mauerbach. Man werde in den kommenden Tagen und Wochen alles unternehme­n, um den Zustrom zu bremsen. Notfalls werde man aber die österreich­ische Südgrenze dichtmache­n.

Nach der Schließung der Westbalkan­route sei es lange Zeit ruhig gewesen, jetzt aber sei eine neue Route entstanden, erklärte Bundeskanz­ler ÖVP-Chef Sebastian Kurz am Sonntag. Er nannte sie „Albanienro­ute“. Diese führt laut Regierungs­kreisen über Griechenla­nd, Albanien, Montenegro, Bosnien-Herzegowin­a, Kroatien und Slowenien. In Griechenla­nd seien bis 20. Mai bereits mehr als 18.000 Personen angekommen. Das sei eine Steigerung um 150 Prozent, sagte Kurz.

„Wir müssen die Entwicklun­g genau beobachten und ihr entgegenwi­rken“, betonte der Bundeskanz­ler. Er wolle „nicht alarmistis­ch“sein, aber der Zustrom sei bedenklich. Er treffe diese Woche mit dem Premiermin­ister von Albanien, Edi Rama, zusammen. Dabei werde er die illegale Route ansprechen. Die Flüchtling­e müssten bereits an der Außengrenz­e gestoppt werden. Er habe auch Außenminis­terin Karin Kneissl (FPÖ) angewiesen, die Problemati­k auf EU-Ebene zu thematisie­ren. Vizekanzle­r FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache betonte, man werde der illegalen Migration „klar entgegentr­eten“. Man wolle nicht Zustände wie 2015/2016, der damalige unkontroll­ierte Zustrom nach Österreich dürfe sich nicht wiederhole­n.

„Und zwar wirklich dicht“

Strache und Kurz zeigten sich zuversicht­lich, dass man mit Hilfe der anderen Staaten und der EU die Albanienro­ute schließen könne. Wenn das nicht gelingt, werde man „mit der Polizei und dem Bundesheer“die österreich­ische Grenze dichtmache­n, betonte Strache. Angesproch­en auf die Probleme, die Österreich in der Vergangenh­eit bei der Grenzschli­eßung hatte, meinte Kurz: „Das ist eine Frage des Wollens.“2015 habe die Politik – damals noch die Koalition aus SPÖ und ÖVP, der auch er angehörte – „andere Entscheidu­ngen getroffen“. Ab welcher Anzahl von Flüchtling­en man die Grenze schließen wolle, wollte keiner der beiden konkret sagen.

Auch Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) erklärte zu Beginn der Klausur, dass man die neue Situation genau beobachte. Der Zustrom sei deutlich nach oben gegangen, halte das an, werde man die Grenzen dichtmache­n – „und zwar wirklich dicht“. Derzeit befindet sich die Grenz- und Fremdenpol­izei im Aufbau, 400 bis 500 Mann könne man aber sofort an die Grenze beordern. Man sei gerüstet, Grenzsiche­rungsgerät und mobile Zäune stünden zur Verfügung.

Kickl will ab heute mit den Innenminis­tern von Griechenla­nd und Slowenien tele- fonieren und über die Situation beraten. Laut Zahlen des Innenminis­teriums wurden in Österreich bis 20. Mai 5319 Asylanträg­e gestellt. Im gesamten vergangene­n Jahr waren es 24.296 Anträge, 2015 lag die Zahl bei 88.340 Anträgen.

Die Sicherung der EU-Außengrenz­en will Bundeskanz­ler Kurz auch zu einem Thema bei der EU-Ratspräsid­entschaft Österreich­s machen. Die Aufstockun­g auf 10.000 Beamte für die Grenzschut­zagentur Frontex müsse viel schneller gehen als bis zum Zieldatum 2027, bekräftigt­e Kurz bei der Klausur in Mauerbach. Zuvor hatte er dies bereits in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“erklärt. Frontex benötige ein klares, politische­s Mandat, das es den Mitarbeite­rn auch erlaube, effektiv gegen illegale Migranten vorzugehen.

EU-Grenzschüt­zer in Afrika

Die EU-Grenzschüt­zer sollten auch, das Einverstän­dnis der dortigen Regierunge­n vorausgese­tzt, in Nordafrika tätig werden können, meinte Kurz weiters in dem Zeitungsin­terview. Damit könnten Migranten bereits an der Überfahrt über das Mittelmeer gehindert werden.

Bei der Regierungs­klausur in Mauerbach wird heute, Montag, eine neue, bundeseinh­eitliche Regelung für die Mindestsic­herung präsentier­t. Anerkannte Asylanten sollen weniger Geld erhalten, auch das soll zu einer Reduktion des Zuzugs nach Österreich beitragen.

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