Lega-Chef Salvini droht mit Neuwahlen
Italien. Die rechtspopulistische Partei beharrt auf die Nominierung des eurokritischen Wirtschaftsministers Paolo Savona, den der Staatspräsident aber ablehnt.
So etwas hat selbst Italien noch nicht erlebt. Über Facebook feuert Lega-Chef Matteo Salvini am Wochenende eine Drohung nach der anderen ab. Der Adressat: Staatspräsident Sergio Mattarella. Der Tenor: Ich sage, wo es langgeht, und sonst niemand. „Ich bin wahnsinnig wütend“, schreibt Salvini, kurz nachdem klar wurde, dass Mattarella seinen Wunsch-Wirtschaftsminister Paolo Savona nicht mittragen möchte. „Entweder Savona wird Wirtschaftsminister, oder wir wählen neu“, lautet die Drohung Salvinis in Richtung Quirinalspalast.
Ein Verhalten, das weder verfassungskonform ist noch einem respektvollen Umgang mit dem Staatsoberhaupt entspricht. Doch Salvini sitzt mit seiner dreisten Masche derzeit am längeren Hebel. Sein Koalitionspartner, der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, setzte lediglich seinen „Gefällt mir“-Daumen unter die Äußerung seines – wohlbemerkt – Juniorpartners.
„Ich will ein anderes Europa“
Der Streit um die Personalie Savona eskaliert. Der 81-jährige Wirtschaftsprofessor gilt als Euro- und Deutschlandkritiker. Er soll das Schlüsselressort Wirtschaft in einer Regierung zwischen der populistischen FünfSterne-Bewegung und der rechten Lega übernehmen. Die europäische Gemeinschaftswährung hat Savona einmal als „deutschen Käfig“bezeichnet, 2015 hat er einen „praktischen Leitfaden zum Ausstieg aus dem Euro“vorgestellt.
Am Sonntag wurde eine Mitteilung Savonas veröffentlicht, in der er sich der EU kritisch, aber zugewandt zeigte. „Ich will ein anderes, stärkeres, aber gerechtes Europa“, steht darin. Er fühle sich gezwungen, das klarzustellen.
Als weitere Minister sollen die beiden Parteichefs dem Kabinett Conte angehören: Luigi Di Maio soll das Ministerium für Arbeit und wirtschaftliche Entwicklung leiten, Matteo Salvini das Innenministerium. Dass Savona künftig am Tisch mit den europäischen Partnern sitzt und dort über den italienischen Haushalt verhandelt, wollte sich Mattarella nicht ausmalen. Der Staatspräsident betonte in den vergangenen Wochen immer wieder, wie wichtig ihm die guten Beziehungen Italiens zur EU seien. Laut Verfassung hat der Staatspräsident in Italien das Recht, sowohl den Ministerpräsidenten zu ernennen als auch die von diesem vorgeschlagene Minister. Das bedeutet auch, er kann ein Veto einlegen. Wie zum Beispiel Präsident Oscar Luigi Scalfaro 1994, als der damals angehende Ministerpräsident, Silvio Berlusco- ni, es für sinnvoll erachtete, seinen persönlichen Anwalt Cesare Previti zum Justizminister zu machen. Die Streichung von Namen passierte in der Vergangenheit aber meist in aller Stille. Berlusconis Anwalt wurde am Ende Verteidigungsminister.
Ein ähnlicher Dreh soll am Sonntag nun auch von der Fünf-Sterne-Bewegung vorgeschlagen worden sein: Die Teilung des Wirtschaftsressorts in ein Finanzministerium und ein Haushaltsministerium. Als Finanzminister wäre Savona zumindest nicht in den direkten Verhandlungen mit den EUPartnern involviert.
Für den Sterne-Frontmann Luigi Di Maio wäre jetzt aber ein Einfangen des Koalitionspartners essenziell: Schließlich macht sich auch bei dem 31-Jährigen die Sorge breit, sein Kompagnon könne es mit Absicht darauf anlegen, die Allianz so bald wie möglich wieder platzen zu lassen und damit Neuwahlen herbeizuführen.
In der aktuellen Konstellation wäre Salvini schließlich nur der Juniorpartner, seine Lega kam bei den Wahlen am 4. März auf 17 Prozent, die Fünf-Sterne-Bewegung auf 32,6 Prozent. Doch die aktuellen Umfragewerte zeigen, dass Salvini derzeit am längeren Hebel sitzt. Die Werte für seine Lega stiegen in der vergangenen Woche je nach Umfrage- Institut auf bis zu 25 Prozent. Die der Cinque Stelle hingegen stagnieren bei etwa 31 Prozent. Noch dazu dürfe Ex-Premier Silvio Berlusconi nun wieder kandidieren – ein Gericht in Mailand hatte Mitte Mai die Ämtersperre für den Unternehmer aufgehoben. Ein wiedervereintes Mitte-Rechts-Bündnis könnte also von einer regierungsfähigen Mehrheit träumen und Salvini vom Amt des Premiers.