Wie gefährlich ist der Mai für Anleger wirklich?
Saisonalität. Anfang Mai den Aktienmarkt zu verlassen, wie eine Börsenregel rät, hätte sich heuer nicht ausgezahlt. Die Statistik zeigt allerdings, dass die Sommermonate gefährlich sind. Doch lauern die Gefahren derzeit ganz woanders.
Die Börsenregel, wonach man im Mai seine Aktien verkaufen soll („Sell in May and go away“), sagt nicht genau, ob damit Anfang oder Ende Mai gemeint ist. Heuer wäre es ein Fehler gewesen, Anfang Mai seine Aktien auf den Markt zu werfen. Dies- und jenseits des Atlantiks gab es Kursgewinne, vor allem bei Technologiewerten.
Doch in der vergangenen Woche zeigte der Bullenmarkt wieder leichte Abnutzungserscheinungen. Die Bären haben überzeugende Argumente (Handelsstreit mit den USA, Konflikt mit Nordkorea, mögliche eurokritische Regierung in Italien, Währungskrise in der Türkei). Hinzu kommt die Statistik, die zeigt, dass die Monate Mai bis September im Schnitt deutlich schlechtere Börsenmonate sind als Oktober bis April. Das gilt für die USA, vor allem aber für Europa.
Einer Erhebung von Bloomberg zufolge hat der EuroStoxx 50 seit 2006 zwischen Mai und September im Schnitt vier Prozent pro Jahr verloren. Zwischen Oktober und April stieg er hingegen um acht Prozent. (Das Er- holungsjahr 2009 wurde aus der Erhebung ausgeklammert.) Ein ähnliches Muster zeigt sich für den britischen FTSE 100: Der fiel von Mai bis September um durchschnittlich drei Prozent, von Oktober bis April stieg er um sieben Prozent pro Jahr. Dabei scheint gar nicht der Mai selbst so gefährlich zu sein, sondern August und September: Der DAXplus Seasonal Strategy Index klammert diese Monate aus; er schlug sich auf Fünfjahressicht (58 zu 53 Prozent) und auf Zehnjahressicht (139 zu 82 Prozent) besser als der DAX. Nur im Vorjahr war der DAX überlegen.
Die Ursache ist unklar. Historisch könnte es damit zusammenhängen, dass sich die Börsianer in den heißen Sommermonaten nicht in der Stadt aufhielten, inzwischen dürfte es auch eine selbst erfüllende Prophezeiung sein. Auch waren es ein paar Ausreißermonate, die sich tief ins Bewusstsein der Anleger eingeprägt haben. Die Terroranschläge von 9/11 fanden im September 2001 statt, die Investmentbank Lehman Brothers schlitterte im September 2008 in die Pleite.
Im August 2015 ließ die Sorge um die chinesische Wirtschaft weltweit die Börsen einbrechen. Dass es auch Europa relativ schwer erwischte, hatte allerdings noch einen Grund: In den ersten Monaten des