Schutzkleidung auch in der Stadt nötig
Motorrad. Höchstgericht kürzt Lenker, der in Jeans fuhr, das Schmerzengeld nach Unfall.
Auch wenn das Gesetz außer dem Sturzhelm keine Bekleidungsvorschriften für Motorradfahrer kennt, tun diese gut daran, sich auch an anderen Körperstellen bestmöglich zu adjustieren. Und zwar auch bei kurzen Fahrten in der Stadt, wie ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) zeigt.
Ein Pkw-Fahrer hatte den Motorradlenker beim Einbiegen übersehen. Der Unfall passierte im Gemeindegebiet, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit betrug 50 km/h. Der Kawasaki-Fahrer hatte zwei Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von etwa 86 km/h überholt. Zum Unfallzeitpunkt war er noch mit 55 bis 62 km/h unterwegs. Doch auch bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h hätte der Motorradlenker dem Autofahrer nicht mehr ausweichen können.
Klar war somit, dass dem PkwLenker zumindest die Hauptschuld an dem Unfall zu geben war. Doch wären die Verletzungen des Mannes um ein Drittel weniger schlimm ausgefallen, hätte er Schutzkleidung aus Leder samt Motorradstiefeln getragen. Bekleidet war der Mann aber nur mit einer Jeans und Turnschuhen. Er wurde an verschiedenen Körperstellen massiv verletzt. Der frühere Maschinenmechaniker ist als Folge des Unfalls in diesem Beruf zu hundert Prozent arbeitsunfähig.
Rechtsprechung ausgeweitet
Nun hat der OGH bereits im Jahr 2015 einem Motorradlenker das Schmerzengeld gekürzt, weil er keine Schutzkleidung getragen hatte. Es handelte sich dabei aber um eine Fahrt im Freilandbereich mit einer dementsprechend höheren Geschwindigkeitsgrenze. Und wie ist das nun im Ortsverkehr?
Das Landesgericht Feldkirch hielt zwar fest, dass der Autofahrer allein schuld am Unfall sei. Es minderte das Schmerzengeld des Motorradfahrers aber um 25 Prozent, weil er keine Schutzkleidung getragen hatte. Das OLG Innsbruck befand hingegen, dass dieser Ab- schlag bei einem Unglück im Ortsgebiet nicht gerechtfertigt sei.
Der OGH gestand ein, dass das Tragen von Schutzkleidung im urbanen Bereich „unpraktischer“sei; man fahre auch mit geringerer Geschwindigkeit und lege dabei doch eher kürzere Strecken zurück. Doch dürfe man nicht vergessen, „dass Motorräder aufgrund ihrer Motorleistung im Verhältnis zu ihrem Gewicht eine spezifisch starke Beschleunigung erreichen können, die gerade im urbanen Gebiet ein besonderes Risiko darstellt“. Überdies herrsche im Ortsgebiet ein größeres und dichteres Verkehrsaufkommen, wodurch die Gefahren erhöht werden. Zudem könnten Motorräder bei geringeren Geschwindigkeiten auch leichter kippen.
Im Ergebnis entschied der OGH (2 Ob 44/17k) also, dass Motorradfahrer auch dann weniger Schmerzengeld bekommen, wenn sie im Stadtgebiet auf Schutzkleidung verzichten. Auch im aktuellen Fall erhält der Verunglückte nun um 25 Prozent weniger.