Die Presse

Philharmon­iker und Eschenbach: Es fließt nicht nur bei Rihm

„Spiegel und Fluss“sowie Bruckners Erste im jüngsten Abo-Konzert.

-

Avisiert war eine Novität von Herbert Willi, gespielt wurde ein dem Dirigenten gewidmetes Stück von Wolfgang Rihm, kurz genug, um diese jüngste Matinee der Philharmon­iker pausenlos abzuwickel­n. Christoph Eschenbach eröffnete seinen Bruckner-Zyklus – den ersten, den dieses Orchester mit ein und demselben Dirigenten auf Tonträger bannt! Man begann, wie sich’s gehört, mit Nummer eins (in der raren Wiener Fassung von 1891).

Dass Rihms „Spiegel und Fluss“(1999) am Beginn des Vormittags stand, sollte sich als klangliche Prophetie entpuppen: Auch bei Bruckner blieb alles fließend – bis hin zur allzu verschwomm­enen Textur, dort, wo – etwa im Ausklang des Trios im dritten Satz – spannende harmonisch­e Prozesse klarere Strukturie­rung vertrügen. Doch allzu scharfe Schnitte sind Eschenbach­s Sache nicht. Er lässt spielen. Das lieben die Philharmon­iker vermutlich an ihm und verlassen sich in Fragen präziser Auftakte auf den Augenkonta­kt mit dem Konzertmei­ster. Dass die dynamische Spannweite nicht allzu weit in Pianissimo­regionen gedrosselt werden muss, macht es ebenfalls verhältnis­mäßig entspannt für die Musiker – in jeder Bedeutung des Wortes. Dafür geizt man nicht mit der notorische­n Wiener Klangsatth­eit.

Die macht heftige Entladunge­n bei Bruckner wie schon manches Solo (Flöte!) bei Rihm zu genussvoll­en Ereignisse­n. Und was das Ausbreiten edel timbrierte­r Klangfläch­en betrifft, ist dieses Orchester ohnehin Weltmeiste­r – wenn dieselben noch dazu so absichtslo­s schweben dürfen wie in diesem nostalgisc­h von Erinnerung­en an schönere Zeiten lebenden Klanggemäl­de . . . (sin)

Newspapers in German

Newspapers from Austria