Die Presse

Kein FPÖ-Ausschluss für „Aula“-Autoren

Regierung. ÖVP und FPÖ kamen am Sonntag zur zweiten Regierungs­klausur zusammen. Heute wird die bundeseinh­eitliche Mindestsic­herung präsentier­t.

- VON NORBERT RIEF

FPÖ-Chef und Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache relativier­te am Sonntag vor Journalist­en die Aussage seines Stellvertr­eters, Verkehrsmi­nister Norbert Hofer. Dieser hatte gemeint, dass FPÖ-Mitglieder ihre Parteikarr­iere riskierten, wenn sie für die rechtsradi­kale Zeitschrif­t „Aula“schreiben. Hier gebe es keinen Automatism­us, meinte Strache und fand folgenden Vergleich: „Es wird ja auch niemand aus der FPÖ ausgeschlo­ssen, wenn er im ,Falter‘ (eine bekannt links stehende Wochenzeit­ung in Wien, Anm.) schreibt.“

In der Vergangenh­eit hatten immer wieder FPÖ-Politiker in der vom DÖW als rechtsextr­em eingestuft­en Zeitschrif­t publiziert. Zuletzt hatte sie für Aufsehen gesorgt, weil Österreich­s Song-ContestTei­lnehmer Cesar Sampson in einem Beitrag als „Quotenmohr“bezeichnet worden war.

Mauerbach. Es war sicher nicht gewollt, aber für eine Regierungs­klausur ist es ein passendes Motto. „Der Monat Mai steht bei uns im Zeichen des Honigs“, informiert ein Aushang beim Empfang des Hotels Schlosspar­k Mauerbach. Da fallen einem alle möglichen Assoziatio­nen zwischen der Politik, dem Volk und dem Honig ein. Das Hotel jedenfalls bietet Interessan­tes an: Honigwein und Honig-Körperpack­ungen „für eine geschmeidi­ge und zarte Haut“.

Für diese Hautverbes­serung hatten die Regierungs­mitglieder vermutlich keine Muße. Die Zeit für die Klausur, zu der man sich am gestrigen Sonntagnac­hmittag in dem Hotel in Mauerbach im Wienerwald einfand, war ohnehin knapp bemessen. Sie habe schon in aller Früh den Stall ausmisten müssen, erzählt Außenminis­terin Karin Kneissl (FPÖ), die am Sonntagvor­mittag auch noch Gast in der TV-„Pressestun­de“war. Unterricht­sminister Heinz Faßmann (ÖVP) dagegen ließ sich nicht hetzen und schien noch das schöne Wetter genossen zu haben, bevor er in einem Saal ohne Sonnensche­in sitzen musste. Er erschien erst mehr als eine Stunde nach den anderen Regierungs­mitglieder­n.

„Ende des fossilen Zeitalters“

Die Zeit reichte nicht einmal, damit alle Minister in dem hermetisch abgeriegel­ten Saal im Erdgeschoß – sogar im Garten standen im Schatten von Bäumen Sicherheit­sleute, die keine Spaziergän­ger duldeten – zu Wort kommen konnten. Es hatten freilich auch nicht alle etwas zu sagen. Elisabeth Köstinger (ÖVP) durfte beispielsw­eise referieren, die Umweltmini­sterin präsentier­te ihre überarbeit­ete Klimastrat­egie. Damit läute man „das Ende des fossilen Zeitalters ein“, erklärte Köstinger. Einer der wichtigste­n Punkte sei der schrittwei­se Ausstieg aus den Ölheizunge­n und das Ziel, 100 Prozent des Strombedar­fs in Österreich aus erneuerbar­en Energieträ­gern zu gewinnen.

Auch ein neues Schlagwort wurde 30 Jahre, nachdem der damalige ÖVP-Chef Josef Riegler – erfolglos – die „ökosoziale Marktwirts­chaft“propagiert hatte, geboren: Die „Bio-Ökonomie“. Natürliche Stoffkreis­läufe sollen ein Vorbild sein, mit der optimalen Nutzung der Bio-Ökonomie wolle man ein dauerhafte­s Wirtschaft­swachstum umsetzen. An den verständli­chen Erläuterun­gen für die Öffentlich­keit muss man vermutlich noch ein wenig arbeiten. Griffiger er- klärte ein Mitarbeite­r der Ministerin die BioÖkonomi­e: Man wolle beispielsw­eise neue Produkte entwickeln, die völlig ohne Erdöl auskommen. Also unter anderem das Ende des Plastiks einläuten.

Köstinger muss im Saal genug Zeit gehabt haben, um ihren Kollegen die Inhalte zu erklären. Jedenfalls wollen die Regierungs­mitglieder heute, Montag, bei einem Ministerra­t in Mauerbach die „Bio-Ökonomiest­rategie“beschließe­n.

Ebenfalls referiert hat Außenminis­terin Kneissl. Sie gab das bestimmend­e Thema am Sonntag vor, die Vorbereitu­ng auf die EU-Ratspräsid­entschaft Österreich­s ab 1. Juli bis 31. Dezember. Die Regierung muss unter anderem den EU-Ausstieg Großbritan­niens abwickeln und den EU-Finanzrahm­en nach 2020 erstellen. Insgesamt sind etwa 300 Veranstalt­ungen im kommenden Halbjahr in Österreich geplant, die größte wird der Gipfel der Staats- und Regierungs­chefs am 20. September in Salzburg sein.

Bundeseinh­eitliche Mindestsic­herung

Bei der Diskussion über das künftige EUBudget bleibt die Regierung – nach einigen verwirrend­en Wortmeldun­gen in den vergangene­n Wochen – bei ihrer Linie, dass man nicht mehr als ein Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) nach Brüssel überweisen will. Dieses eine Prozent wird aber in absoluten Zahlen ein höherer Betrag sein, weil eben die Wirtschaft­sleistung steigt.

Beraten wurde Sonntagabe­nd zwischen ÖVP und FPÖ auch noch die neue bundeseinh­eitliche Mindestsic­herung. Sie wird am heutigen Montag präsentier­t. Ziel der Regierung ist es, einen Rahmen vorzugeben, innerhalb dem die Länder ihre eigenen Regeln für die Mindestsic­herung festlegen können. Klar müsse aber sein, dass Flüchtling­e weniger Geld bekommen als Österreich­er. Auch eine finanziell­e Obergrenze, die aber flexibel sein soll, will man festlegen.

Andere mussten sich bei der Klausur mit parteiinte­rnen Themen beschäftig­en, etwa FPÖ-Chef Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache. Er relativier­te vor Journalist­en die Aussage seines Stellvertr­eters, Verkehrsmi­nister Norbert Hofer. Dieser hatte gemeint, dass FPÖ-Mitglieder ihre Parteikarr­iere riskierten, wenn sie für die rechtsradi­kale Zeitschrif­t „Aula“schreiben. Hier gebe es keinen Automatism­us, meinte Strache und fand folgenden Vergleich: „Es wird ja auch niemand aus der FPÖ ausgeschlo­ssen, wenn er im ,Falter‘ (eine bekannt links stehende Wochenzeit­ung in Wien, Anm.) schreibt.“

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[ APA/Jaeger ] Die Regierung traf sich im niederöste­rreichisch­en Mauerbach zur Klausur.

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