City-Maut für 120.000 Autos?
Wien. Der Lobautunnel kommt, und die Grünen sehen eine Autolawine auf Wien zurasen. Stadträtin Maria Vassilakou will jetzt die Pendler zur Kasse bitten.
Stadträtin Maria Vassilakou will wegen des Lobautunnels nun die Pendler zur Kasse bitten.
Vergangenen Mittwoch gab es ein Einstiegsgeschenk für den neuen Bürgermeister, Michael Ludwig: Das Bundesverwaltungsgericht gab grünes Licht für den Bau des Lobautunnels. SPÖ und Opposition waren sich dabei einig wie selten – der Tunnel sei notwendig. Nur die Grünen sahen rot.
Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou ortete ein „Milliardengrab“und kündigte an, weiter gegen den Tunnel zu kämpfen. Jetzt präsentiert sie ihr eigenes Konzept, um Wien „vor der Verkehrslawine zu schützen“, die durch den Bau drohe. Dabei schwebt der Ressortchefin eine Citymaut für sämtliche Pendler nach Wien vor. Und das schon ab der Stadtgrenze. Diese Maßnahme würde bedeuten, dass sämtliche Autofahrer, die aus dem Umland in die Bundeshauptstadt einfahren, zahlen müssten.
„Verlorene Lebenszeit“
Da es darum gehe, Pendler zum Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel zu bewegen, will Vassilakou die Einnahmen deren Ausbau zukommen lassen. Die derzeitige Situation sieht die Stadträtin für alle Seiten als belastend an. 200.000 Autos würden jeden Tag nach Wien und am Abend wieder zurückfahren, so Vassilakou. Der ÖAMTC geht von 120.000 aus. Neben der dadurch entstehenden CO2- und Lärmbelastung sieht Vassilakou für die Pendler schlicht und einfach im Stau verlorene Lebenszeit. Was die Einfahrt ins Stadtgebiet kosten solle und wie genau abgerechnet oder kontrolliert werde, darüber konnte man im Vassilakou-Büro noch keine Auskunft geben. Jetzt gehe es einmal darum, die Idee zu besprechen.
Ob das viel Erfolg hat? Denn die Begeisterung des Koalitionspartners, SPÖ, hielt sich in engen Grenzen. Verkehrssprecher Siegi Lindenmayr erklärte zwar, dass man „grundsätzlich gesprächsbereit sei“, fügte aber auch hinzu, eine solche Maßnahme nicht ohne Zustimmung der Nachbarbundesländer zu verwirklichen: „Wir wollen Menschen nicht schröpfen, sondern brauchen eine Lösung mit den Bundesländern, aus denen sie mehrheitlich anreisen.“Damit sind Niederösterreich und das Burgenland gemeint. Und aus St. Pölten kamen gestern scharfe Worte in Richtung Vassilakou. Ihr niederösterreichischer Amtskollege, Ludwig Schleritzko (ÖVP), machte klar, was er von der Idee hält: „Die Einführung der City-Maut ist ein populistischer Schnellschuss, den wir so klar ablehnen. Die niederösterreichischen Pendler dürfen nicht für die Lösung Ihrer Probleme bezahlen.“Für ihn komme eine CityMaut nicht infrage. Schon mit der Einführung der Parkpickerln hätte die grüne Stadträtin vor allem die pendelnden Arbeitnehmer zur Kasse gebeten. Schleritzko kündigte Gespräche mit der Wiener Regierung an.
Ablehnung bei Opposition
Auf breite Ablehnung stößt die City-Maut auch in der Opposition im Rathaus. Der Wiener FPÖKlubobmann, Toni Mahdalik, verlangte vom Wiener Bürgermeister, Michael Ludwig, die Forderung nach einer City-Maut entschieden zurückzuweisen. Mahdalik ortet eine Schikane der Autofahrer.
Der Wiener ÖVP-Klubobmann, Manfred Juraczka, fordert von Ludwig ein Machtwort und eine klare Linie in der Verkehrspolitik. Eine City-Maut mache den Standort Wien für Lieferanten teurer und würde Menschen aus dem Umland davon abhalten, nach Wien zu kommen. „Will Bürgermeister Ludwig diese Zukunft für unsere Stadt?“, fragt der ÖVPKlubobmann.
„Wir brauchen diese Arbeitskräfte in Wien“, sagte ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger. „Geld kassieren allein macht noch keine Verkehrspolitik.“Irritiert zeigte sich Neos-Verkehrssprecherin Bettina Emmerling. Ohne große Offensive für den öffentlichen Verkehr sei eine CityMaut nicht argumentierbar und würde in eine Kostenexplosion für Arbeitnehmer ausarten.
Die grüne Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou fordert die Einführung einer Citymaut für Einpendler ab der Wiener Stadtgrenze. Sie begründet das mit einem drohenden Verkehrsanstieg durch den Bau des Lobau-Tunnels. Die SPÖ zeigte sich gesprächsbereit, verwies aber darauf, dass sich die Parkraumbewirtschaftung bewährt habe. Kritik an der Forderung kam von den Wiener Oppositionsparteien und aus Niederösterreich.