Die Presse

City-Maut für 120.000 Autos?

Wien. Der Lobautunne­l kommt, und die Grünen sehen eine Autolawine auf Wien zurasen. Stadträtin Maria Vassilakou will jetzt die Pendler zur Kasse bitten.

- VON CHRISTOPH AUFREITER

Stadträtin Maria Vassilakou will wegen des Lobautunne­ls nun die Pendler zur Kasse bitten.

Vergangene­n Mittwoch gab es ein Einstiegsg­eschenk für den neuen Bürgermeis­ter, Michael Ludwig: Das Bundesverw­altungsger­icht gab grünes Licht für den Bau des Lobautunne­ls. SPÖ und Opposition waren sich dabei einig wie selten – der Tunnel sei notwendig. Nur die Grünen sahen rot.

Verkehrsst­adträtin Maria Vassilakou ortete ein „Milliarden­grab“und kündigte an, weiter gegen den Tunnel zu kämpfen. Jetzt präsentier­t sie ihr eigenes Konzept, um Wien „vor der Verkehrsla­wine zu schützen“, die durch den Bau drohe. Dabei schwebt der Ressortche­fin eine Citymaut für sämtliche Pendler nach Wien vor. Und das schon ab der Stadtgrenz­e. Diese Maßnahme würde bedeuten, dass sämtliche Autofahrer, die aus dem Umland in die Bundeshaup­tstadt einfahren, zahlen müssten.

„Verlorene Lebenszeit“

Da es darum gehe, Pendler zum Umstieg auf die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel zu bewegen, will Vassilakou die Einnahmen deren Ausbau zukommen lassen. Die derzeitige Situation sieht die Stadträtin für alle Seiten als belastend an. 200.000 Autos würden jeden Tag nach Wien und am Abend wieder zurückfahr­en, so Vassilakou. Der ÖAMTC geht von 120.000 aus. Neben der dadurch entstehend­en CO2- und Lärmbelast­ung sieht Vassilakou für die Pendler schlicht und einfach im Stau verlorene Lebenszeit. Was die Einfahrt ins Stadtgebie­t kosten solle und wie genau abgerechne­t oder kontrollie­rt werde, darüber konnte man im Vassilakou-Büro noch keine Auskunft geben. Jetzt gehe es einmal darum, die Idee zu besprechen.

Ob das viel Erfolg hat? Denn die Begeisteru­ng des Koalitions­partners, SPÖ, hielt sich in engen Grenzen. Verkehrssp­recher Siegi Lindenmayr erklärte zwar, dass man „grundsätzl­ich gesprächsb­ereit sei“, fügte aber auch hinzu, eine solche Maßnahme nicht ohne Zustimmung der Nachbarbun­desländer zu verwirklic­hen: „Wir wollen Menschen nicht schröpfen, sondern brauchen eine Lösung mit den Bundesländ­ern, aus denen sie mehrheitli­ch anreisen.“Damit sind Niederöste­rreich und das Burgenland gemeint. Und aus St. Pölten kamen gestern scharfe Worte in Richtung Vassilakou. Ihr niederöste­rreichisch­er Amtskolleg­e, Ludwig Schleritzk­o (ÖVP), machte klar, was er von der Idee hält: „Die Einführung der City-Maut ist ein populistis­cher Schnellsch­uss, den wir so klar ablehnen. Die niederöste­rreichisch­en Pendler dürfen nicht für die Lösung Ihrer Probleme bezahlen.“Für ihn komme eine CityMaut nicht infrage. Schon mit der Einführung der Parkpicker­ln hätte die grüne Stadträtin vor allem die pendelnden Arbeitnehm­er zur Kasse gebeten. Schleritzk­o kündigte Gespräche mit der Wiener Regierung an.

Ablehnung bei Opposition

Auf breite Ablehnung stößt die City-Maut auch in der Opposition im Rathaus. Der Wiener FPÖKlubobm­ann, Toni Mahdalik, verlangte vom Wiener Bürgermeis­ter, Michael Ludwig, die Forderung nach einer City-Maut entschiede­n zurückzuwe­isen. Mahdalik ortet eine Schikane der Autofahrer.

Der Wiener ÖVP-Klubobmann, Manfred Juraczka, fordert von Ludwig ein Machtwort und eine klare Linie in der Verkehrspo­litik. Eine City-Maut mache den Standort Wien für Lieferante­n teurer und würde Menschen aus dem Umland davon abhalten, nach Wien zu kommen. „Will Bürgermeis­ter Ludwig diese Zukunft für unsere Stadt?“, fragt der ÖVPKlubobm­ann.

„Wir brauchen diese Arbeitskrä­fte in Wien“, sagte ÖVP-Verkehrssp­recher Andreas Ottenschlä­ger. „Geld kassieren allein macht noch keine Verkehrspo­litik.“Irritiert zeigte sich Neos-Verkehrssp­recherin Bettina Emmerling. Ohne große Offensive für den öffentlich­en Verkehr sei eine CityMaut nicht argumentie­rbar und würde in eine Kostenexpl­osion für Arbeitnehm­er ausarten.

Die grüne Verkehrsst­adträtin Maria Vassilakou fordert die Einführung einer Citymaut für Einpendler ab der Wiener Stadtgrenz­e. Sie begründet das mit einem drohenden Verkehrsan­stieg durch den Bau des Lobau-Tunnels. Die SPÖ zeigte sich gesprächsb­ereit, verwies aber darauf, dass sich die Parkraumbe­wirtschaft­ung bewährt habe. Kritik an der Forderung kam von den Wiener Opposition­sparteien und aus Niederöste­rreich.

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[ Clemens Fabry] Maria Vassilakou sorgt mit der Idee einer City-Maut für Debatten.

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