Die Presse

„Spaltet Österreich“

Mindestsic­herung. Mit Lob und teilweise heftiger Kritik reagieren Bundesländ­er und NGOs auf die Pläne der Regierung.

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Das Vorhaben der Regierung für eine bundeseinh­eitliche Mindestsic­herung (siehe Seite 1) sei „ein klares Signal, dass sich Arbeit und Leistung lohnen müssen“– meinen die einen (Oberösterr­eichs Landeshaup­tmann Thomas Stelzer). Es würde „Menschen gegeneinan­der ausspielen“und „Österreich spalten“, meinen die anderen (Caritas-Präsident Michael Landau).

Landau äußerte gestern die schärfste Kritik an den Plänen. „Keinem Mindestpen­sionisten geht es besser, wenn es einer kinderreic­hen Familie schlechter geht“, erklärte er in einer Aussendung. Sprachkurs­e zu kürzen und gleichzeit­ig Sprachkenn­tnisse als Bedingung an Sozialleis­tungen zu knüpfen sei sinnlos. SOS-Kinderdorf-Geschäftsf­ührer Christian Moser bezeichnet das Vorhaben von FPÖ und ÖVP als „besorgnise­rregend“. Es komme „einem Programm zur Förderung von Familienar­mut“gleich.

„Sehr befremdlic­h“fand Burgenland­s Sozialland­esrat, Norbert Darabos (SPÖ), das Vorgehen der Regierung. Er sprach von einer „Drüberfahr­en-Mentalität“, weil die Länder in die Verhandlun­gen nicht eingebunde­n ge- wesen seien. Oberösterr­eichs Landeschef Stelzer stört das dagegen nicht. Er fand Teile der oberösterr­eichischen Regeln für den Bezug der Mindestsic­herung in den Bundesplän­en, etwa darin, dass jene, die nicht arbeitsund nicht integratio­nswillig seien, weniger Geld erhielten. „Natürlich ist es notwendig, Menschen durch Sozialleis­tungen zu unterstütz­en, eine schwierige Phase zu überbrücke­n. Aber die Mindestsic­herung ist eine Absicherun­g für Notfälle und kein selbstvers­tändliches arbeitslos­es Einkommen“, so Stelzer in einer Aussendung.

„Auf Überschrif­ten reagiere ich nicht. Ich erwarte mir, dass der Bund ein Gesetz auf den Tisch legt und die Länder dann einlädt, darüber zu diskutiere­n“, sagt dagegen der neue Wiener Sozial-und Gesundheit­sstadtrat, Peter Hacker (SPÖ). Prinzipiel­l könne eine Neuregelun­g der Mindestsic­herung ohne Notstandsh­ilfe-Regelung gar nicht diskutiert werden. Und: Es sei zu fragen, ob der Bund in einem Grundsatzg­esetz überhaupt so viele Details regeln dürfe. Eine Klage der Länder gegen den Bund hält Hacker für denkbar, aber erst als „Ultima Ratio“. (red./uw)

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