Die Presse

„Sie finden, mir gehört eine Watsche“

Liste Pilz. Die Abgeordnet­e Martha Bißmann sollte für Peter Pilz auf ihr Mandat verzichten. Sie bleibt aber, berichtet über großen Druck und verbale Entgleisun­gen im Klub.

- VON ANNA THALHAMMER

Am Montag hätte Peter Pilz beinah seine Rückkehr ins Parlament verkündet. Aber eben nur beinah. Seit Wochen wird innerhalb der Partei verhandelt, wer sein Mandat für ihn hergeben könnte – und eine Abgeordnet­e war fast so weit, für Pilz den Stuhl frei zu machen: Martha Bißmann.

Die 38-jährige steirische Umweltakti­vistin hatte das Mandat von Pilz geerbt, nachdem dieser seines wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigun­g im Herbst nicht angenommen hatte. Strafrecht­lich ergaben die Ermittlung­en gegen Pilz nichts – zu lang liegen die angebliche­n Vorfälle teilweise zurück und sind darum verjährt.

Für Pilz reicht das jedenfalls als Rechtferti­gung, um seinen Platz im Parlament zurückzufo­rdern. Von den acht Abgeordnet­en war Bißmann die einzige, die im Klub ein Angebot für einen eventuelle­n Funktionst­ausch gemacht hatte. Sie stellte hohe Forderunge­n auf hochrangig­e Funktionen, die ihr weiter politische­n Einfluss in Partei und Akademie sichern sollten – dafür hätten andere Mandatare wie Bruno Rossmann oder Wolfgang Zinggl zurückstec­ken müssen. Außerdem wollte sie eine Zusicherun­g, dass sie ihr Mandat wieder bekommen würde, falls einer der Abgeordnet­en innerhalb dieser Legislatur­periode ausscheide­n würde. Bißmanns Vorschlag galt bis Montag. Es kam zu keiner Einigung.

Vorbildfun­ktion für Frauen

Davon abgesehen, dass manche Bißmanns Forderunge­n nicht zustimmen wollten, hat diese die Entscheidu­ng getroffen, für einen Deal, egal, welcher Art, nicht mehr zur Verfügung zu stehen.

Sie wolle sich weiterhin für jene Themen politisch einsetzen, für die sie brenne, sagte sie zur „Presse“. Bißmann war die vergangene­n zehn Jahre in Berufen rund um Ökologie und Nachhaltig­keit tätig. „Ich habe mich in einem Parlament wiedergefu­nden, in dem es keine Grünen mehr gab. Ich habe die Verantwort­ung gespürt, der Gesundheit, der Ökologie und der Nachhaltig­keitsbeweg­ung zuliebe in der wichtigste­n gesetzgebe­nden Körperscha­ft zu bleiben“, schreibt sie auf ihrer Facebook-Seite Montagmitt­ag.

Ein zweites wichtiges Motiv zu bleiben sei, dass sie Frauen in der Politik sichtbarer machen möchte. „Ich will auch ein Vorbild für junge Frauen sein, das ermutigt, sich auch selbst politisch zu engagieren“, sagt sie. Die Verhandlun­gen der vergangene­n Wochen hätten auch gezeigt, wie schwer man es als junge Politikeri­n oft habe: „Aus den Verhandlun­gen der vergangene­n Wochen musste ich erkennen, dass sich Männer leichter tun, sich mit Männern solidarisc­h zu zeigen“, sagt sie zur „Presse“– und meint damit wohl auch die Verhandlun­gen um die Klubobmann­schaft. Denn im Ringen um die Nachfolge Peter Kolbas waren es schlussend­lich Zinggl und Rossmann, die sich mit der Unterstütz­ung der männlichen Kollegen als potenziell­e Kandidaten für Klubobmann und geschäftsf­ührender Klubobmann durchsetzt­en. Daniela Holzinger hatte sich ebenfalls für diese Funktion zur Verfügung gestellt.

Auch Bißmann berichtet, dass die Unterstütz­ung der männlichen Kollgen im Klub teilweise eher in die Feindselig­keit kippte: „Der Druck aus dem Klub und aus der Öffentlich­keit war sehr groß. Im Laufe der Verhandlun­gen gingen die Emotionen so hoch, dass so mancher auch der Meinung war, ich hätte eine Watsche für mein Verhalten verdient und dass ich aus dem Klub rausgeschm­issen werden sollte, weil meine Forderunge­n so unverschäm­t seien“, sagt sie zur „Presse“.

Auch dass sie als Einzige ein Angebot gelegt habe, sei für sie bezeichnen­d: „Frauen geben nach, Männer sitzen aus.“Für Peter Pilz heißt es jetzt also wieder zurück an den Start: Am Montag jagte eine Krisensitz­ung die andere, um einen Freiwillig­en zu finden, der sich sein Mandat zu seinen Gunsten ablösen lassen würde.

Die Abgeordnet­e Martha Bißmann hätte für Peter Pilz auf ihr Mandat verzichten sollen – sie will nun aber doch bleiben und zog ihr Angebot zurück. Im Gespräch mit der „Presse“berichtete sie über großen Druck aus dem Klub und verbale Entgleisun­gen. So hätten manche gefunden, sie solle aus dem Klub fliegen und ihre gehöre eine „Watsche“.

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[ APA ] Martha Bißmann ist Abgeordnet­e für die Liste Pilz. Sie erhielt das Mandat, als Peter Pilz seines nicht annahm.

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