Die Presse

Wenn Täter die Opfer schrecken

Reformpake­t. Die Verständig­ung der Opfer über die Freilassun­g von Straftäter­n klappt nicht so wie vorgesehen. Staatssekr­etärin Karoline Edtstadler (ÖVP) will das ändern.

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Derzeit arbeiten um die 80 Experten in zwei Kommission­en (eine im Justiz-, eine im Innenresso­rt) an einem Strafrecht­sreformpak­et. Ein Ansatz weist in Richtung der Straftäter. So sollen (ganz wie dies der nunmehrige Bundeskanz­ler, Sebastian Kurz, im Wahlkampf gefordert hat) die Sanktionen für sexuellen Missbrauch und Gewaltdeli­kte (vor allem an Kindern) weiter verschärft werden. Täter sollen durch gerichtlic­he Weisungen künftig besser kontrollie­rt werden. Beispiel: die Weisung an einen pädophilen Täter, eine Sexualther­apie zu machen.

Die zweite Stoßrichtu­ng: Opferschut­z. Bereits verbriefte Opferrecht­e sollen künftig besser durchgeset­zt werden. Etwa das Recht auf Verständig­ung von der Haftentlas­sung des Täters. Dieses Recht wurde erst 2016 ausgebaut. In der Praxis funktionie­rt es aber nicht so recht. Opfer von Gewalttate­n (inklusive gefährlich­er Drohung) und von Sexualstra­ftaten, ebenso nahe Angehörige von Mordopfern (Beispiel: Ehegatte, Lebensgefä­hrte, Bruder, Schwester) können beantragen, dass sie unverzügli­ch vom ersten Ausgang und von der bevorstehe­nden oder erfolgten Entlassung verständig­t werden. Der Leiter des Gefängniss­es muss dann schriftlic­h informiere­n. Auch können Opfer vorsorglic­h verlangen, bei einer etwaigen Flucht des Täters aus der U-Haft von der Staatsanwa­ltschaft informiert zu werden.

Dazu kommt: Opfer von Gewalt- und Sexualstra­ftaten sowie besonders schutzwürd­ige Opfer, etwa Minderjähr­ige, sind von Amts wegen zu verständig­en, wenn ein Verdächtig­er erst festgenomm­en, dann aber nach Hause (statt in U-Haft) geschickt wird. Praktiker, wie etwa Udo Jesionek, der Präsident der Opferhilfe-Organisati­on Weißer Ring, kennen Fälle, in denen vor allem bei Entlassung­en von Langzeithä­ftlingen das Opfer nicht weiß, dass der frühere Peiniger wieder frei ist. Das Problem: Wenn Opfer ihren Wohnort wechseln, sind sie mitunter für die Haftanstal­t nicht mehr erreichbar. Etwaige bereits abgesandte Verständig­ungsbriefe kommen nicht an.

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Durchaus. Wenngleich es sich laut Jesionek zwar nicht schätzen lässt, wie oft Verständig­ungen unterbleib­en (Jesionek: „Die Opfer sagen uns ja nicht immer, ob die Informatio­n funktionie­rt hat oder nicht“), gibt es doch plakative Fälle. „Etwa die Frau, die in Steyr am Hauptplatz plötzlich überrasche­nd dem Mörder ihrer Schwester gegenübers­teht.“

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VON MANFRED SEEH

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