Berlin, das logischere Wien
Es gibt keine Zwischenstöcke und auch kein „Mahlzeit“– dafür aber eine U5.
New
York ist vielleicht die Stadt, die niemals schläft, aber Berlin bleibt auch ziemlich lang munter. Und damit auch ich, was leider nicht daran liegt, dass ich die Partyszene in der deutschen Hauptstadt ausgiebig kennengelernt habe. Sondern daran, dass es für Wiener Verhältnisse hier absurd lang hell bleibt. Während die österreichischen Freunde also beim abendlichen Telefonat erzählen, dass sie jetzt wirklich bald ins Bett gehen müssen, zwitschern hier noch munter die Vögel.
Auch sonst stelle ich fest, dass die vergangenen zehn Jahre in Wien durchaus ihre Spuren hinterlassen haben. Hat man mich kurz nach meinem Umzug von Südtirol in die österreichische Hauptstadt noch regelmäßig gefragt, ob ich Schweizerin sei, outet man mich hier nach wenigen Minuten schon als Ösi. Und sehe ich im Supermarkt „Snack-Frikadellen“(wirklich, Deutschland?) und Feldsalat angeschrieben, muss ich tatsächlich für ein paar Sekunden über die Bedeutung dieser Wörter nachdenken.
Dabei ist Berlin eigentlich das viel logischere Wien. Also eine Großstadt ohne die ganzen wunderlichen Eigenschaften (oder zumindest mit anderen): Wenn ich jemanden im zweiten Stock besuche, stelle ich mich vorher auf minutenlanges Stiegensteigen ein. Um dann festzustellen, dass es hier keine Mezzanine und andere Zwischenstöcke gibt.
Trifft man rund um die Mittagszeit auf Bekannte, wünscht man ihnen nur dann „Guten Appetit“, wenn sie auch wirklich etwas essen. Das eine oder andere Mal musste ich mir schon ein „Mahlzeit“im Vorbeigehen verkneifen.
Und es gibt eine U5. Sie fährt allerdings nicht die ganze Nacht. Irgendwann geht Berlin eben doch auch schlafen.