Die Presse

„Ich hatte sehr viele Neider“

Tennis. Oliver Marach ist seit Montag die Nummer zwei der Doppelwelt­rangliste und zählt mit dem Kroaten Mate Pavi´c auch in Paris zu den Titelanwär­tern. Vorgezeich­net war sein Weg nicht.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Der Husten ist unüberhörb­ar. „Am Sonntag ist es mir gar nicht gut gegangen“, sagt Oliver Marach. Seine Frau, Jessie, und die beiden Töchter, Leah und Amelie, kränkeln schon seit einigen Tagen, nun hat es auch Oliver Marach erwischt. Ein denkbar ungünstige­r Zeitpunkt unmittelba­r vor Beginn eines Grand-Slam-Turniers. Immerhin, „zum Glück muss ich keine Antibiotik­a nehmen“. Sonst gibt es über den 37-Jährigen nur Positives zu berichten. Erst am Samstag hat er an der Seite von Mate Pavic´ die Doppelkonk­urrenz in Genf gewonnen, es war der 21. Titel des Steirers insgesamt, der vierte in der laufenden Saison. Ein Erfolg mit Folgen.

In der Weltrangli­ste scheint Marach hinter Pavic´ auf Platz zwei auf, besser war er in seiner langen Karriere noch nie klassiert. Dass sein 13 Jahre jüngerer Standardpa­rtner 50 Punkte mehr aufzuweise­n hat, liegt einzig und allein daran, dass Pavic´ im Vorjahr vereinzelt noch mit anderen Spielern aufgetrete­n ist. Mittlerwei­le ist das österreich­isch-kroatische Gespann unzertrenn­lich und das erfolgreic­hste Doppel der Gegenwart, obwohl eigentlich permanent einer der beiden mit körperlich­en Problemen zu kämpfen hat. Seit dem Frühjahr plagen Pavic´ starke Rückenschm­erzen. „Deswegen haben wir das Finale in Monte Carlo verloren und mussten für Barcelona und Madrid absagen. Sonst könnte es noch besser ausschauen“, erklärt Marach im Gespräch mit der „Presse“. Standen die beiden aber auf dem Platz, „haben wir gut gespielt“. 32 Siegen stehen nur sechs Niederlage­n gegenüber. Zum Vergleich: Rafael Nadal, der Weltrangli­stenerste im Einzel, hat eine 23:2-Saisonbila­nz vorzuweise­n.

Dabei war der Weg des Oliver Marach zum absoluten Weltklasse­doppelspie­ler keineswegs vorgezeich­net. Zunächst spielte er wenig bis gar kein Doppel, konzentrie­rte sich auf seine Einzelkarr­iere, die im August 2006 mit Platz 82 ihren Höhepunkt fand. Er schlug zwar namhafte Spieler wie Gaston´ Gaudio, Richard Gasquet oder Gilles Simon, der große Durchbruch blieb ihm allerdings verwehrt, mitunter verletzung­sbedingt. Irgend- wann stand Marach vor der Wahl: Entweder kleinere Einzelturn­iere oder größere Doppelturn­iere. Seine Entscheidu­ng, sich auf das Doppel zu konzentrie­ren, hat er zu keinem Zeitpunkt bereut. „Ich habe mich im Doppel ziemlich schnell zurechtgef­unden.“

Einige hatten dem in Graz geborenen und seit einigen Jahren in Panama lebenden Rechtshänd­er überhaupt keine internatio­nale Karriere zugetraut. Marach war in seiner Jugend national nie Altersbest­er. „Ich war ein Spätzünder, Vorjahresf­inalist ist in der ersten Runde der French Open ausgeschie­den. Der Schweizer unterlag dem Spanier Guillermo Garc´ıa-Lopez´ 2:6, 6:3, 6:4, 6:7, 3:6. Wawrinka, der nach abermalige­n Verletzung­sproblemen erst vor zwei Wochen in Rom zur Tour zurückgeke­hrt ist, wird in der Rangliste damit aus den Top 250 fallen. Auch für kam bei seinem letzten Turnier mit Protected Ranking das frühe Aus: 6:7, 3:6, 3:6 gegen den Russen Karen Chatschano­w. hatte sehr viele Neider. Mir wurde gesagt, dass ich es nicht einmal in Österreich zu einem Topspieler schaffen werde.“Seit 1998 tourt Marach nunmehr als Profi um den Globus, hat knapp 3,4 Millionen US-Dollar Preisgeld (brutto) eingespiel­t. Allein 2018 waren es schon 587.244 Dollar. Für Marach eine angenehme Begleiters­cheinung, aber: „Ich schaue nicht aufs Geld. Spielen wir gut, kommt der Rest von allein.“Finanziell­e Sorgen plagen den Familienva­ter keine, abseits des Tennisplat­zes ist er längst auch ein umtriebige­r Geschäftsm­ann geworden und besitzt einige Immobilien in Panama.

Marach leistet sich keinen sündhaft teuren Sportwagen, sein täglicher Luxus ist gutes Essen. „Das verbindet Mate und mich.“Abends darf es gelegentli­ch auch eine exquisite Flasche Rotwein sein, selbst während einer Turnierwoc­he. „Da sind wir nicht so streng mit uns selbst.“Erfolgreic­he French Open wären ein perfekter Anlass, um mit einem edlen Tropfen anzustoßen. Marach/Pavic´ starten ihre Mission gegen das kanadisch-niederländ­ische Duo Adil Shamasdin/Sander Arends.

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