Die Deutschen sind nicht an allem schuld
Wer sonst soll für Italiens Desaster verantwortlich sein – wenn nicht Rom?
D ie Italiener haben die Ursache für ihre Wirtschafts- und Regierungskrise schon festgemacht: „Wir sind eine Kolonie Deutschlands und Frankreichs“, hat man gestern gehört.
Kurzum: Die anderen sind schuld. Speziell Deutschland, das ja mit seiner „Niedriglohnpolitik“alle anderen an die Wand fährt. Die Argumentation kennen wir schon von der Griechenland-Krise. Sie ist linker Ökonomenmainstream in Europa. Und, ganz nebenbei, kompletter Vollholler.
Gerade in Österreich sollte man das eigentlich wissen: In den frühen Siebzigerjahren gab es eine ähnliche Entwicklung. Deutschland zog in Sachen Wettbewerbsfähigkeit davon. Die anderen europäischen Länder standen vor der Entscheidung, ihre Position auf den Exportmärkten mit Währungsabwertungen zu verteidigen oder mit harten Strukturreformen in Sachen Produktivität zu Deutschland aufzuschließen.
Italien entschied sich für Ersteres. In Österreich drückten Notenbank-General Heinz Kienzl (SPÖ), Finanzminister Hannes Androsch (SPÖ) und Notenbankpräsident Stephan Koren (ÖVP) die strikte D-Mark-Bindung durch. Unterstützt durch die Gewerkschaft, aber gegen den Willen des SP-Bundeskanzlers Bruno Kreisky und der heimischen Industriellen, denen damals das wohlige Bett der Abwertungen lieber gewesen wäre als die Produktivitätspeitsche der Hartwährungspolitik. D en Unterschied kann man sich heute anschauen. Die Lehre daraus: Wer nicht abwerten kann, muss seine Wettbewerbsfähigkeit eben durch Produktivitätssteigerung verbessern. Das geht, wie wir gesehen haben. Und es ist ein Erfolg versprechender Weg.
Natürlich ist es einfacher, auf Schulden zu leben und die Schuld für eigenes Versagen bei anderen zu suchen. Übrigens: Die exportorientierten deutschen Unternehmen sind keine Niedriglohnbuden, sondern gehören zu den bestzahlenden Europas. Beim Wachstum der Arbeitsproduktivität sind die Deutschen zudem nur noch besseres Mittelmaß. In zwei Euroländern ist diese in den vergangenen acht Jahren allerdings sogar gesunken: In Griechenland und – Italien. Noch Fragen?