Der Gemeindekredit aus dem Netz
Finanzierung. Viele Gemeinden verschulden sich bei ihrer lokalen Hausbank. Das ist oft nicht die günstigste Methode. Eine Schweizer Plattform bietet nun eine Alternative an.
Kredite im Ausmaß von etwa zwei Milliarden Euro nehmen die österreichischen Gemeinden pro Jahr neu auf. Anders als etwa der Bund oder zunehmend auch die Länder erfolgt das jedoch nicht in Form von Anleihen, bei denen eine Ausschreibung möglichst niedrige Zinsen garantiert. Stattdessen wird häufig ein traditioneller Kredit bei der lokalen Hausbank aufgenommen. Kein Wunder, schließlich bedeutet der Vergleich verschiedenster Kreditangebot für die meist nebenberuflich oder gar nur ehrenamtlich tätigen Gemeindekassiere viel zusätzliche Arbeit.
Diese Vorgangsweise dürfte die österreichischen Gemeinden jedoch jedes Jahr eine ganze Menge Geld kosten. Denn ohne Konkurrenzdruck dürften die Gebühren bei vielen Gemeindekrediten eher im oberen Bereich zu finden sein. Ein Zustand, den die Schweizer Internet-Plattform Loanboox nun ändern will. Denn auf Loanboox können Gemeinden in nur wenigen Schritten ihren Kreditbedarf allen potenziellen Kreditgebern im deutschsprachigen Raum anbieten. Darunter fallen nicht nur Banken, sondern auch Versicherungen und Pensionsfonds, die eine konservative Veranlagung für ihre Gelder suchen.
„Öffentlich rechtliche Schuldner sind immer sehr ähnlich. Sie haben eine hohe Bonität und die von ihnen benötigten Finanzierungsprodukte haben nur eine geringe Komplexität“, sagt Loanboox-Chef Stefan Mühlemann im Gespräch mit der „Presse“. Der Gemeindekredit sei daher ein sogenanntes Finanz-Commodity. „Und so etwas gehört heutzutage unbedingt auf eine Internet-Plattform“, so Mühlemann. Das Schweizer Unternehmen startete erst im September 2016 seinen Betrieb. Nach nur eineinhalb Jahren wurden jedoch bereits Kredite im Ausmaß von neun Milliarden Euro angefragt. „Etwa die Hälfte aller Anfragen wird auch über unsere Plattform abgeschlossen.“
Seit Ende 2017 ist Loanboox auch in Deutschland aktiv. Seither hat es dort ebenfalls bereits Kreditanfragen von über einer Milliarde Euro gegeben. Ab dem Frühsommer soll es das Angebot nun auch in Österreich geben. Lokaler Partner ist dabei Kommunalnet, eine mehrheitliche Tochter des Gemeindebundes, die bereits eine ServiceHomepage für österreichische Gemeinden anbietet.
„Wir erwarten, dass mittelfristig eine Milliarde – also etwa die Hälfte der jährlichen Neuverschuldung – über Loanboox an- gefragt werden wird“, sagt KommunalnetGeschäftsführer Lucas Sobotka. Zudem soll es durch die höhere Transparenz und die standardisierten Kreditverträge auch „zu einer deutlichen Professionalisierung der Gemeindefinanzierung kommen“. Und nicht zuletzt sollen auch die Kosten geringer ausfallen.
So soll etwa die Bürokratie rund um die Kreditvergabe um „80 bis 90 Prozent“geringer ausfallen, meint Sobotka. Denn im System von Kommunalnet sind die Gemeinden bereits registriert, die potenziellen Geldgeber können sich also sicher sein, wer ihr Gegenüber ist. Zudem werden auch die letzten drei Rechnungsabschlüsse automatisch eingespielt, damit sich die potenziellen Kreditgeber auch gleich ein finanzielles Bild über die möglichen Schuldner machen können.
Der Kreditnehmer muss nur eingeben, wie viel Geld er braucht und bis wann und auf welche Art er es zurückzahlen will. Au- ßerdem kann er angeben, welchen Institutionen das Angebot vorgelegt werden soll. „Viele Kommunen laden ihre bisherige Hausbank extra ein, ihnen ein Angebot zu stellen“, sagt Mühlemann. Es gebe aber auch Fälle, in denen einzelne Banken absichtlich abgewählt werden – etwa, weil sie gerade die Filiale in der Ortschaft geschlossen haben.
Durch die höhere Konkurrenz würden sich beinahe immer geringere Kreditmargen als bei der angestammten Hausbank ergeben, sagt Mühlemann. Das würde auch die Vermittlungsprovision von Loanboox in Höhe von 1,5 Basispunkten locker wettmachen. Die große Einfachheit des Systems habe inzwischen sogar dazu geführt, dass sich nicht mehr nur Gemeinden über die Plattform refinanzieren, sondern auch die Banken anfingen, sich selbst frisches Geld von anderen Finanzinstituten zu leihen, so der Schweizer Firmengründer.