Die Presse

Warum gibt es so viele Fünfer?

Mathematik­matura. Die Volksanwal­tschaft leitet nach der schriftlic­hen Klausur eine Prüfung ein. War die diesjährig­e Mathematik­prüfung zu schwierig?

- Zeit nach dem Absprung in s VON BERNADETTE BAYRHAMMER UND JULIA NEUHAUSER

Den schlechten Ergebnisse­n der Mathematik­matura auf der Spur.

Der Wirbel um die Mathematik­matura geht weiter: Nachdem sich heuer besonders schlechte Ergebnisse abzeichnen („Die Presse“berichtete), kündigte Volksanwal­t Peter Fichtenbau­er (FPÖ) am Dienstag ein Prüfverfah­ren des Bildungsmi­nisteriums an.

„Bei der Matura geht es darum, erlerntes Wissen abzuprüfen und nicht die Schülerinn­en und Schüler mit verwirrend­en Fragen und zu komplexen Aufgabenst­ellungen zu sekkieren. Aufgrund der umfangreic­hen scharfen Kritik werde ich mich dieser Sache annehmen und den Umständen für die schlechte Vorbereitu­ng und Umsetzung der diesjährig­en Mathematik-Zentralmat­ura auf den Grund gehen“, schreibt Fichtenbau­er in einer Aussendung.

Zuvor hatten die Eltern massiv Alarm geschlagen – und angesichts der schlechten Mathematik­ergebnisse ein komplettes Neuaufsetz­en der Zentralmat­ura gefordert. In Mathematik seien der harte Notenschlü­ssel und die sprachlast­igen „Texträtsel“zu hinterfrag­en, kritisiert­e Gernot Schreyer, Chef des Elternverb­ands an mittleren und höheren Schulen. „Wie kann es sein, dass Schüler, und das sind keine Einzelfäll­e, in der gesamten Oberstufe ausschließ­lich ,Sehr gut‘ und ,Gut‘ haben und dann bei der Matura extrem schlecht abschneide­n?“

Woran liegt es wirklich? Die Frage stellt man sich auch im Bildungsmi­nisterium. Noch hat man aber keine abschließe­nde Antwort gefunden. Laut Rückmeldun­gen aus den Schulen scheinen viele Maturanten an sprachlich­en Feinheiten gescheiter­t sein. Nun werde jedenfalls der Erstellung­sprozess der Maturabeis­piele noch einmal ganz genau unter die Lupe genommen.

Dabei machte man sich die Auswahl und Erstellung der Beispiele schon bisher nicht leicht. Das Prozedere dauert zwei bis drei Jahre. Die Aufgaben werden von eigens eingeschul­ten Lehrern erstellt und intern kontrollie­rt. Bei Feldtests werden sie Schülern vorgelegt, um zu überprüfen, ob sie gut verständli­ch und lösbar sind – sonst werden sie ausgesiebt. Passende Beispiele werden Vertretern der mathematis­chen Gesellscha­ft vorgelegt. Aus dem Pool an Aufgaben wählen Beamte des Ministeriu­ms dann die Beispiele aus. „Vielleicht gibt es gruppendyn­amische Effekte, wenn nur Mathematik­er beieinande­r sitzen“, wurde im Ministeriu­m spekuliert.

Die Frage nach den möglichen Ursachen sei nicht leicht zu beantworte­n, sagt auch Mathematik­didaktiker Karl-Josef Fuchs von der Uni Salzburg, der bis zum Vorjahr wissenscha­ftlicher Berater für die BHS-Matura war. Aufgefalle­n sind ihm die eher vielen Multiple-Choice-Fragen, die bisher nicht in diesem Ausmaß eingesetzt worden seien, wie er der „Presse“sagt. Zu lange Texte oder unnötige Informatio­nen habe er nicht entdeckt, auch insgesamt seien die Aufgaben nicht zu schwierig gewesen. „Es wurden Dinge gefragt, bei denen ich mir sicher bin, dass die Kollegen das mit den Schülern geübt haben.“Grundsätzl­ich hält er die viereinhal­b Stunden für die Klausur aber für zu lang – und insofern auch die Aufgaben für zu viele.

Die Zentralmat­ura soll, wie Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) ankündigte, nun ohnehin evaluiert und adaptiert werden. Erste Änderungsw­ünsche wurden schon laut. Sowohl FPÖ-Bildungssp­recher Wendelin Mölzer als auch ÖVP-Bildungssp­recher Rudolf Taschner können sich eine teilzentra­le Matura vorstellen. Laut Taschner könnte es einen Pflicht- und einen Kürteil geben. Konkret könnten dabei Schüler zwei Stunden der schriftlic­hen Matura mit einem Basisteil an zentral vorgegeben­en Aufgaben verbringen und zwei Stunden mit Fragen, die vom Klassenleh­rer erstellt wurden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria