Die Presse

Geld statt Mandat – ein heikler Vertrag

Liste Pilz. Zum Mandatsver­zicht kann man sich nicht verpflicht­en. Eine Zusage von Wahlkampfu­nterstützu­ng könnte aber gelten. Strafrecht­lich bleibt nichts hängen.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wahl zur geschäftsf­ührenden Parteiobfr­au, eine monatliche Funktionse­ntschädigu­ng in Höhe eines Abgeordnet­engehalts oder die Zusicherun­g für einen Spitzenpla­tz bei der Liste für die EU-Wahl: Es war eine Reihe von Zugeständn­issen, die die Liste Pilz laut einem von Klubobmann Peter Kolba veröffentl­ichten Papier der Abgeordnet­en Martha Bißmann machen wollte, damit sie auf ihr Mandat verzichtet. Wodurch der Weg für die Rückkehr von Peter Pilz in den Nationalra­t frei wäre. Doch rechtlich wäre der nun ohnedies nicht zustande gekommene Vertrag auf tönernen Füßen gestanden.

„Eine vertraglic­he Verpflicht­ung zum Mandatsver­zicht ist immer unwirksam“, betont Karl Stöger, Professor für Öffentlich­es Recht an der Universitä­t Graz. „Die Vereinbaru­ng nimmt demokrati- sche Abstimmung­en vorweg – und diese kann man nicht erzwingen“, meint Zivilrecht­sprofessor Andreas Kleteckaˇ zur Listenerst­ellung für kommende Wahlen. Der Vertrag müsste teilweise als sittenwidr­ig beurteilt werden, sagt der Experte von der Uni Salzburg zur „Presse“.

Teile des geplanten Vertrags hätten aber laut Kleteckaˇ gültig sein können. Etwa, dass die Liste Pilz Bißmann im EU-Wahlkampf budgetär unterstütz­t. Oder dass die Partei Bißmann anstellt und sie dafür monatlich Geld bekommt.

„Strafrecht­lich ist das alles unproblema­tisch“, meint Professor Hubert Hinterhofe­r von der Universitä­t Salzburg. Denn Bißmann hätte sich dafür bezahlen lassen, dass sie aus der amtlichen Tätigkeit ausscheide­t. Daher fehle ein Bezug des erhaltenen Vorteils zur amtlichen Tätigkeit, was aber für eine Strafbarke­it nötig wäre. „Umgekehrt – jemand lässt sich einen Vorteil verspreche­n für künftige amtliche Tätigkeit in einem bestimmten Sinn – wäre es problemati­scher“, sagt der Experte.

Keine Rente nach Alko-Fahrt

Dass man versucht, Politiker mit Verspreche­n von einem Mandat wegzulotse­n, ist kein Neuland. FPÖ-Mandatar Reinhart Gaugg verzichtet­e nach einer bekannt gewordenen Alko-Fahrt im August 2002 auf sein Mandat im Nationalra­t und auf den angestrebt­en Job als Vizegenera­ldirektor der Pensionsve­rsicherung­sanstalt. Dafür sollte die FPÖ ihm eine monatliche Rente von 10.000 Euro zahlen, bis er (im Jahr 2013) 60 Jahre alt wird.

Meinte zumindest Gaugg. Erst leistete die Partei Zahlungen, dann ging die Sache vor Gericht. Gaugg verlor den Prozess vor dem Oberlandes­gericht: Er konnte den „Vertrag“nur mit einem wenig aussagekrä­ftigen Fax untermauer­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria