Die Presse

16 Folteropfe­r zeigen in Österreich ihre syrischen Peiniger an

Unter den 24 Verdächtig­en befinden sich wichtige Geheimdien­stler des Regimes.

-

Er war mit bis zu 16 weiteren Männern in einer kleinen Zelle zusammenge­pfercht. Immer wieder wurde er mit einem Plastikroh­r geschlagen und mit Elektrosch­ocks gefoltert. Sein „Vergehen“: Der Mann palästinen­sischer Abstammung arbeitete in der syrischen Stadt Hama in einer Apotheke. Das nutzte er dazu, um Menschen zu versorgen, die bei den damals friedliche­n Protesten gegen Machthaber Bashar al-Assad verletzt worden waren. Deshalb wurde er im Mai 2012 verhaftet und erst im Juli 2015 wieder freigelass­en. Heute lebt er in Österreich.

Als Zeuge Z6 gehört er zu mehreren Folterüber­lebenden, deren Aussagen für ein Vorgehen gegen die Täter zusammenge­tragen worden sind. 16 Betroffene aus Syrien haben nun Strafanzei­ge in Österreich eingereich­t. „Wir haben präzise Beweise“, berichtete Tatiana Urdaneta Wittek vom Center for the Enforcemen­t of Human Rights Internatio­nal (CEHRI) bei einer Pressekonf­erenz in Wien. Die Folterunge­n seien durch medizinisc­he Befunde belegt. Es gebe 24 Tatverdäch­tige, darunter sei der Chef von Syriens Nationalem Sicherheit­sbüro, Ali Mamlouk. Sie erwarte, dass Österreich­s Behörden ein Ermittlung­sverfahren einleiten und ein internatio­naler Haftbefehl ausgestell­t wird.

Ein Misshandel­ter ist Österreich­er

CEHRI unterstütz­t mit dem European Center for Constituti­onal and Human Rights (ECCHR) und den syrischen Anwälten Anwar al-Bunni und Mazen Darwish die Anzeigen. Sie beziehen sich dabei auf Paragraf 64 des österreich­ischen Strafgeset­zbuchs. Die Opfer leben heute in Österreich, wie in dem Paragrafen gefordert wird. Einer der Misshandel­ten ist sogar Österreich­er. Durch die große Zahl syrischer Flüchtling­e seien zudem österreich­ische Interessen berührt, sagt Wolfgang Kaleck vom ECCHR.

Im Justizmini­sterium habe man „großes Interesse“an dem Verfahren gezeigt, sagt der frühere Spitzendip­lomat Wolfgang Petritsch. Wichtig sei, dass der Prozess in Gang komme. Es sei schwierig, in Syrien eine Demokratie aufzubauen, wenn die Täter nicht zur Verantwort­ung gezogen werden, meint Anwalt Mazen Darwish. Und Anwalt Anwar al-Bunni sagt: „Wir müssen auch eine Botschaft an alle Diktatoren in der Welt senden: Ihr werdet vor Gericht kommen.“(w. s.)

Newspapers in German

Newspapers from Austria