Eine Tat mit zwei Toten
Wien. Ein Mann erschoss Dienstag Vormittag in einer Gasse im vierten Bezirk eine Frau und sich selbst. 2018 gab es schon 14 Tötungsdelikte.
Die Zaungäste haben schon Routine. „Ein Mann hat eine Frau erschossen und dann sich selbst“, heißt es, wenn ein Passant fragt, was denn hier passiert sei. Hier, das ist die Ecke Waaggasse/Rienößlgasse im vierten Wiener Bezirk. „Stopp Polizei“steht auf den rot-weißen Absperrbändern – und etwa dreißig Meter weiter dahinter hat die Polizei ein weißes Zelt aufgebaut. Um die Blicke der Schaulustigen und Journalisten nicht bis zum Tatort dringen zu lassen.
Etwa 10.20 Uhr war es, als am Dienstagvormittag mehrere Schüsse fielen – zwei, drei oder vier, berichten Zeugen. Wie viele Schüsse es genau waren, kann die Polizei am Nachmittag noch nicht sagen. Sehr wohl aber, dass zuerst der Mann mit einer Faustfeuerwaffe auf die Frau geschossen hat. Und danach auf sich selbst. Das berichten zwei Zeugen unabhängig voneinander. Einer davon, laut Polizeisprecher Daniel Fürst ein Taxifahrer, sei genau während der Tat durch die Gasse gefahren und habe alles genau beobachtet. Bei- de Zeugen hätten dann die Polizei alarmiert – und die die Rettung.
Als die Einsatzkräfte der Berufsrettung eintreffen, können sie nichts mehr tun. Der Mann und die Frau sind tot. Von einer Beziehungstat wird gemunkelt, noch ehe die Polizei selbst etwas zu dem Fall sagen kann. Es dauert bis zum Nachmittag, ehe man überhaupt etwas über die beiden Menschen erfährt. Er, 38 Jahre alt, serbischer Staatsbürger. Sie, 35 Jahre alt, österreichische Staatsbürgerin. „Sie haben sich gekannt“, sagt Polizeisprecher Fürst. Aber in welcher Beziehung sie zueinander gestanden sind, sei noch unklar.
Schon wieder eine Bluttat. Auch das ist bei manchem Passanten zu hören. Tatsächlich ist es das bereits vierte Tötungsdelikt in Wien allein im Mai. Erst wenige Tage zuvor, am 25. Mai, wird ein 32-Jähriger erstochen in seiner Wohnung in Ottakring gefunden. Am 22. Mai wird ein 67-Jähriger in Favoriten festgenommen, der gestanden hat, seine 59-jährige Ex-Frau erstochen zu haben. Und dann ist da noch je- ner Fall am 11. Mai, als ein 16-Jähriger in Döbling eine Siebenjährige erstochen und sie danach in einen Müllcontainer geworfen haben soll. „Es ist eine relativ kurze Zeit für diese Taten“, sagt Fürst. Aber daraus eine Serie abzuleiten, sei nicht möglich. „In Hinblick auf die Kriminalstatistik kann man jetzt noch nichts sagen.“
Ein Blick auf die bisherigen Zahlen des Jahres 2018 zeigt laut dem Sprecher 14 Tötungsdelikte. Im Vorjahr waren es insgesamt 20 Mordopfer, 2016 wurden 16 Morde gezählt, im Jahr davor 20 – und mit neun war 2014 überhaupt das Jahr mit den wenigsten Tötungsdelikten seit 1955. „Jetzt ist es natürlich intensiv, das ist nicht von der Hand zu weisen“, sagt Fürst. „Aber so schnell, wie die Fälle gekommen sind, kann es jetzt auch wieder lange nichts geben.“
Im aktuellen Fall werden nun mögliche Hintergründe ermittelt. Die Daten der Toten werden polizeilich überprüft, ihre Familien werden befragt. Am Ende soll klar sein, wie die beiden zueinander standen. Und wie es zu der Bluttat kommen konnte.